Reden ist bunt – Sprache als symbolische Brücke

In Zeiten von Unterdrückung und Diskriminierung ist es wichtig Zeichen zu setzen. Welche Aussagekraft Sprache haben kann, wird nicht nur durch die neusten Proteste im Zuge von Black Lives Matter deutlich. Doch auch im Alltag können wir alle unseren Teil zu einer inklusiveren Gesellschaft beitragen.
© alessandro biascioli
Erstellt von LAS-Redaktion vor 4 Jahren

Mehr als nur Nomenklatur

Kommunikation verbindet. Kommunikation bewegt. Zumindest in einer heilen Welt. Auch abseits von Corona und den Folgeschäden einer weltweiten Pandemie bewegen wir uns geradewegs auf schwierige Zeiten zu. Zeiten, in denen Zusammenhalt noch wichtiger ist als je zuvor. Im Lockdown war Sprache – zumindest digital – oft der einzige Anker, an den wir uns halten konnten. Mittlerweile können wir wieder miteinander sprechen und schätzen den Austausch. Doch was passiert eigentlich, wenn diese Momente getrübt werden? Wenn das Gerüst der Sprache nicht eindeutig ist? Wenn man es falsch versteht oder gar mit Negativität belegt? Eine Situation, die erstmal fremd scheint und dennoch zum Alltag von vielen Menschen wird. Es ist die Aufgabe von uns allen, dieses Gebilde, welches Sprache uns gibt, wiederaufzubauen, bevor es komplett in sich zerfällt.

Rassismus in der Sprache

Mit den Ausschreitungen und den Protesten in den USA erhielt gerade die Rassismus-Debatte, welche seit Jahren gehalten wird, ein neues Hoch. Durch die Verbreitung von Botschaften und Aussagen im viralen Zeitalter wird auf einmal deutlich, wie einflussreich Sprache sein kann. Wie oft Menschen immer noch in mittelalterlichem Gedankengut festhängen und wie dies auch in der Sprache deutlich wird.
Die Geschichte erzählt von Zeiten der Sklaverei und Kolonialisierung. Die Sprache ging diesen Weg mit und seit jeher sind immer noch Begriffe, welche aus diesen Zeiten stammen und deren Bedeutung mitschwingt, in unserem alltäglichen Gebrauch. Oft sogar ohne, dass wir es wissen.

Es findet eine bewusste und auch unbewusste Diskriminierung statt und man findet nur schwierig einen Weg aus diesem Labyrinth. Wie sehr wir noch in einem Wortschatz der Kolonialisierung festhängen wird deutlich, wenn sich Sportmannschaften aus den USA überlegen, ihren Namen zu ändern, Produkte von namhaften Firmen umbenannt werden oder auch Straßennamen geändert werden sollen.
Es wurde ein Aufschrei laut, welchen es nicht zu überhören gilt.

Dass man diskriminierende Bezeichnungen wie das N-Wort aus seinem Wortschatz streichen sollte, ist die eine Sache. Im Englischen wurde mit der Einführung von BIPoC, kurz für Black, Indigenous, Person of Color bereits eine Abwandlung gefunden, welche im deutschen Sprachraum noch fehlt. Dennoch kann man sich bewusst von Worten, die im Kontext mit der Rassentheorie stehen oder auch anderweitig abwertenden Bezeichnungen distanzieren und bewusster auf, sofern zutreffend, die Herkunft eingehen wie z. B. Südafrikaner*in. Dies stellt bereits eine deutlich neutralere Haltung dar. Außerdem setzt man sich dann auch aktiver damit auseinander.

Die Herrschaft des Geschlechts der Geschlechter

Ein weiteres Thema, welches im Zuge der Diskriminierung aufkocht, bezieht sich auf das Geschlecht – oder besser gesagt die Geschlechter. Denn auch hier werden Menschen oft in ihren Grundzügen herabgestuft und im schlimmsten Falle dadurch ausgeschlossen oder gar verachtet. In Texten richtig zu gendern ist aber nur eine Seite der Medaille. Erst mit der wirklich umgesetzten Inklusion kann man hier einen Schritt gegen Diskriminierung und hin zur Menschlichkeit wagen.
Es muss ein Schubladendenken aufgebrochen werden, welches immer noch stark verankert ist. Es ist nicht nur „die Putzfrau“ oder „der Handwerker“. Oftmals werden dadurch auch gewisse Stereotype benannt, welche nicht vorherrschen sollten.

Hier gibt es jedoch bereits einige Möglichkeiten, welche eine geschlechterneutrale Darstellung fördern. Forciert von Feminist*innen und Stimmen aus der queeren Szene haben sich einige Formen herauskristallisiert, welche nun vermehrt Gehör finden.

Das Gendersternchen (Autor*innen) oder auch die Gendergap (Autor_innen), welche erstmalig im universitären Kontext Verwendung fanden, werden nun immer mehr von Institutionen und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens integriert. Mit der Nutzung dieser wird nicht nur auf die zwei Geschlechter von Mann und Frau hingewiesen. Durch die bewusste Auslassung werden auch Gruppen, die sich keiner der Geschlechter zuordnen, sichtbar gemacht. Eine inklusive Ansprache ist also mit den verschiedensten Mitteln möglich, ohne großen Aufwand.

"Aber warum der ganze Terz?"

Eine Frage, die in diesem Zusammenhang dennoch oft aufkommt, ist nach der Notwendigkeit dieser Sprachanpassungen. Dies lässt sich einfach beantworten: Sprache schafft Wirklichkeit und umkehrt. Kommunikation als Ausdruck und Verbildlichung dessen, was wir wahrnehmen, bestimmt maßgeblich, wie wir denken. Mit einem kleinen Gedankenexperiment wird es noch deutlicher. Wenn sich Kinder “Schüler” vorstellen, denken diese zunächst an einen Jungen, der zur Schule geht. Nicht aber an Jungen und Mädchen, welche die Schule besuchen. Wenn man jedoch “Schüler und Schülerinnen” anspricht, so ist auch die Wahrnehmung und Vorstellung ein andere. Inklusive Sprache fördert ein Umdenken.

Umdenken im Kopf – Bewusstsein schaffen

Es ist immer leicht von außen den Zeigefinger zu heben und andere für Fehler zu rügen. Aber oftmals handeln wir selbst in gewissen Situationen nicht besser. Es ist eine Aufgabe, an der wir wachsen müssen. Sprache kann sich wandeln. Dafür muss es aber auch unsere Wahrnehmung. Man kann ein Zeichen gegen jegliche Form von Diskriminierung setzen, wenn man sich selbst auch darüber im Klaren wird, was damit einhergeht. Wir müssen uns selbst neu-aufklären, täglich bewusstwerden, welche Bedeutung Sprache haben kann und inwiefern wir andere damit auch beeinflussen. Es geht nicht um besser oder schlechter. Es geht um Gleichheit.

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