Storytelling
Storytelling ist für alle relevant, die ihrem Publikum Botschaften mit Geschichten übermitteln und es mitreißen wollen. Storytelling hilft im Journalismus, Marketing und der Unternehmenskommunikation.
Was ist Storytelling?
Storytelling bedeutet "Geschichtenerzählen". Es kann in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen. Das Erzählen von Geschichten ist so alt wie die Menschheit. Einer der frühesten Belege sind die Höhlenmalereien, die zeigen, dass sich bereits um 40.000 v. Chr. Menschen Geschichten erzählt haben. Weitere Belege sind die Bibel sowie Epen wie "Die Odyssee" von Homer, der als Begründer der abendländischer Erzählkunst gilt. Auch wenn neue Medien hinzukommen, bleibt das Bedürfnis, dass sich Menschen Geschichten erzählen: egal, ob als ausladendes Epos, als fesselnde Netflix-Serie, als Hochzeitsrede, als Instagram Story oder 280-Zeichen-Tweet auf Twitter.
Mit Geschichten werden seit Jahrtausenden Informationen wie Erfahrungen und Werte weitergegeben. Erzählen kann damit viele Funktionen übernehmen: Es kann unterhalten, Gemeinschaftsgefühl erzeugen, Wissen weitergeben. Dabei ist die Grenze zum "Seemannsgarn", also zu Fiktivem, nicht weit.
Der Psychologe Jerome Bruner hat zwei Arten zu Denken unterschieden: das "argumentative" Denken und das "narrative" Denken. Beides sind sich ergänzende Methoden, mit denen sich Menschen die Welt erschließen. Während das argumentative Denken faktenbasiert ist, bezeichnet das narrative Denken eine Erschließung der Welt in Geschichten. Mit letzterem erzeugen Menschen Sinn, Zusammenhänge und Visionen.
Im Vergleich zwischen Fakten und Geschichten lassen sich unter anderem folgende Unterschiede feststellen:
- Da Geschichten, wie etwa Romane, von Figuren erzählen, ergibt sich für das Publikum die Möglichkeit, sich mit diesen zu identifizieren. Dadurch berühren Geschichten stärker als Fakten und können zudem leichter als diese erinnert werden. Weil Geschichten emotional berühren können, können sie auch leichter als Fakten ihr Publikum motivieren.
- Geschichten sind anders aufgebaut als Fakten. Während Fakten einem logischen Aufbau folgen, etwa einem chronologischen oder systematischen, folgen Geschichten anderen Strukturen. Um gutes Storytelling zu betreiben, brauchen Geschichten einen Spannungsaufbau. Dazu gehört beispielsweise, dass dem Publikum an bestimmten Stellen zunächst gezielt Informationen vorenthalten werden, um die Spannung zu steigern.
Die englische Variante "Storytelling" wird in verschiedenen Bereichen verwendet: im Journalismus, in der Psychologie, in der Unternehmenskommunikation sowie im Marketing. Im Journalismus werden mit Storytelling neue Erzählformen gelabelt, etwa interaktives Storytelling (auch Scrollytelling, Webreportage), mit denen Reportagen crossmedial erzählt werden. Ein Beispiel dafür ist die Reportage Snow Fall der New York Times, bei der sich User auf einer Website durch die Story scrollen.
In der narrativen Psychologie meint Storytelling einen Ansatz, der davon ausgeht, dass sich Menschen mit Geschichten Sinn, Bedeutung und Identität erschaffen. Daran anknüpfend wird Storytelling in der Unternehmenskommunikation genutzt, um einen Wissenstransfer im Unternehmen zu ermöglichen. So erzählen etwa erfahrene Mitarbeiter ihre Lerngeschichten, um jüngeren Mitarbeitern eigene Lernerfahrungen zu ermöglichen. Diese Methode eignet sich, bevor Experten ein Unternehmen verlassen. Damit wird sichergestellt, dass wertvolles, aber nicht schriftlich fixiertes Wissen über die Branche, die Abläufe und Kontakte nicht verloren geht. Storytelling im Unternehmen ist auch geeignet, wenn Manager den Mitarbeitern ihre Visionen mitteilen möchten und sie für ein gemeinsames Ziel begeistern möchten.
Im Marketing wird Storytelling eingesetzt, um Zielgruppen anders zu erreichen. Es geht weniger darum, Fakten und Produkte, wie in Whitepapern, übersichtlich zu präsentieren und die Zielgruppe damit zu überzeugen. Im Marketing wird stärker versucht, Produkte nebenbei zu vermitteln. Im Zentrum von Marketingskampagnen stehen dafür Storys von Figuren, mit denen sich das Publikum identifizieren kann. Es steht weniger das Produkt, als viel mehr die Botschaft im Fokus.
Storytelling ist im Marketing nicht einheitlich definiert. Im Handbuch "Storytelling – Das Praxisbuch", sagen die Autoren, dass Storytelling bedeutet:
...Geschichten gezielt, gekonnt und bewusst einzusetzen, um wichtige Inhalte besser verständlich zu machen, um das Lernen und Mitdenken der Zuhörer nachhaltig zu unterstützen, um Ideen zu streuen... (Frenzel, Karolina; Michael Müller, Hermann Sottong, Storytelling – Das Praxisbuch, Hanser 2006, S. 3.)
Storytelling – die DNA von Geschichten
Die Frage danach, was gutes Storytelling ist oder wie man gutes Storytelling betreibt, gleicht der Suche nach dem Heiligen Gral. Immer wieder gibt es daher Versuche, Anhaltspunkte für gutes Storytelling zu liefern. Dass es für eine gute Story weniger Worte bedarf, zeigt der Ernest Hemingway zugeschriebene Satz aus wenigen Wörtern, mit dem eine ganze Geschichte erzählt wird:
Babyschuhe zu verkaufen. Nie getragen. (im Original: "For sale: baby shoes, never used")
Einen Einstieg in gutes Storytelling liefert eine Schrift des griechischen Philosophen Aristoteles. Er sagt über eine Handlung, dass sie aus Anfang, Mitte und Schluss bestehen soll. Diese Forderung, die Aristoteles in seiner Schrift "Poetik" bereits 335 v. Chr. veröffentlicht hat, findet sich in fast allen Erzählungen wieder. Vor allem in Dramentexten und in der Dramaturgie von Hollywoodfilmen ist diese sogenannte 3-Akt-Struktur zu finden. Jeder Drehbuchautor ist mit dieser Einteilung vertraut. Dabei beschreibt der erste Akt, der Anfang, die Ausgangssituation. Diese wird durch irgendein Ereignis gestört, sodass eine Heldin oder ein Held zum Handeln gezwungen wird, wodurch der zweite Akt beginnt, in dem sich Dinge verkomplizieren, bevor sie im dritten Akt, dem Ende, gelöst werden.
Neben dieser Einteilung wurde immer wieder nach Erzählmustern geschaut, die häufig auftauchen und als Bauplan genutzt werden können. Als Vorschläge gibt es Bücher, in denen sogenannte Masterplots vorgestellt werden, die sich in einem Großteil aller Erzählungen finden. So schlägt der Autor Ronald B. Tobias beispielsweise zwanzig Masterplots vor. Der britische Journalist Christopher Booker spricht sogar von lediglich sieben Masterplots, auf die man alle vorhandenen Erzählungen reduzieren könne.
Weitere Modelle, die neben der Struktur auch auf die Figuren eingehen, sind die Archetypen des Schweizer Psychiaters C.G. Jung sowie die Heldenreise des amerikanischen Mythenforschers Joseph Campbell. In der Heldenreise gibt es einen Helden, der durch ein Ereignis in einen Konflikt gerät und zum Handeln getrieben wird, weil er unbedingt diesen Konflikt lösen muss. Diese Grundstruktur liegt den meisten Geschichten zugrunde und ist eine sichere Basis für gutes Storytelling.
Storytelling auf Lass-andere-schreiben.de
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