Andere Länder andere Sitten

Erstellt von Zuerich1950 vor 7 Jahren

Andere Laender andere Sitten

Der Eindruck, ich würde alles Negative herausstellen, ist amüsanterweise falsch. Alles stützt sich auf wahre Begebenheiten. Die Wertung bleibt jedem selbst überlassen. Wäre ich nicht selbst multikultureller Abstammung, würden mir viele Dinge in der Beurteilung leichter fallen. Gebildet, vielleicht auch verbildet, das alleine entscheiden Richter über Geist und Lehre. Ungern gebe ich mich namentlich zu erkennen, um mich vor Leuten zu schützen, die Affekt vor Reflektion stellen. Eine ungewöhnliche Sichtweise auf die Sitten eines der Mietgliedsstaaten der europäischen Union, und das bereits seit 2004 mit seiner kulturellen und demographischen Vielfalt. Allemal eine Reise wert, auch wenn die sprachlichen Barrieren unüberwindbar scheinen, so bedeutet z.B. die Antwort „yes, yes” auf eine Frage in Englisch, dass eine Bescheinigung über eine bestandene Sprachprüfung beim Gespraechspartner vorhanden ist, dass man aber seine atestierten Sprachqualitaeten nicht zum Besten geben möchte.Mit viel Glück trifft man Menschen, die einer lebendigen Sprache maechtig sind, ohne die obligatorische Sprachpruefung werden sie hier aber mit finanzieller Verachtung abgestraft. Es ist wahrlich ein Teufelskreis ungerechter Irritationen, eigentlich würde es ja jeder gerne aendern, tut aber nichts dafür und so wird es wohl immer ein frommer Wunsch bleiben. Vielleicht hat auch eine zu lange Zeit der Gleichstellung ungleicher Leistungen zu einer Anschauung geführt, die sich eben nicht so einfach auslöschen lässt und in weitere Generationen hineingetragen wird. Es liest sich unter Umstaenden herablassend oder auch verachtend, aber es ist lediglich eine systematische Auflistung von Beobachtungen, die ich in 20 Jahren angesammelt habe. Vorausschauend sind 20 Jahre eine sehr lange Zeit, rückblickend jedoch ernüchternd kurz. Ein wenig humorvoller Sarkasmus sei mir gestattet. Um Klarheit für den Leser zu schaffen, habe ich alles alphabetisch geordnet. So kann man den Lesestoff auch mal aus der Hand legen, um spaeter wieder einzusteigen. Das gilt auch für mich, denn immer humorvoll darstellen und die gesammelten Eindrücke lustig zu verarbeiten, ist mir nicht vergönnt. Du musst nicht chronologisch vorgehen, denn jede kleine Geschichte steht für sich allein mit einer Überschrift. Auch ich bin nicht chronologisch durchmarschiert, sondern habe die Reihenfolge der Darstellungen erst sehr spät gewählt. Wenn dich manche Begriffe befremden, so möchte ich nicht die bestehende Sprache reformieren, lediglich ein bisschen aufpeppen. Es kommt vor, dass Begriffe gewählt wurden, die nicht oder eben noch nicht in einem Duden nachschlagbar sind. Vielleicht gelingt mir der sprachliche Durchbruch auch erst lange nach meiner Zeit.

An- und Vergewohnheiten

Du glaubst, du verstehst alles, nur weil du ja eigentlich mitten in Europa lebst. Nichts verstehst du. Wenn du in die Tiefe gehst, ist alles anders als du es kennst. Die Menschen bewegen sich nicht wie du, denn in deinem Land kopierst du ja automatisch Bewegungsmuster und Gestiken, die in einem fremden Land anders interpretiert werden. Schlussfolgerungen aus Lernprozessen befruchten mich nicht wirklich. Es gibt eigentlich nichts, was nachhaltig hält. Das gilt für Produkte und Dienstleistungen. Nach einigen Jahren wundere ich mich immer, wenn etwas lange haelt. Du gewöhnst dich aber daran, die An- und Vergewohnheiten zu akzeptieren. Präzision ist ein Fremdwort. Der Maler malt sorglos über Holzleisten und Türklinken. Fragst du ihn, warum er nichts abklebt, versteht er dich nicht. Beim nächsten Mal tut er das gleiche wieder. Waehrend eines Arbeitsprozesses empfiehlt es sich nicht, die Arbeit zu kritisieren ohne Ersatzarbeitskraefte in peto zu haben, denn das vorzeitige Verlassen einer Arbeitsstelle ist absolut salonfähig.

Radarfallen im Suzuki gefühltes Baujahr 1910

Die heimlichen Strassenraeuber gibt es wohl in der ganzen Welt. So heimlich, dass sie sich die verborgensten Winkel suchen, um die Gesetzesbrecher im Auto mit saftigen Strafen zu belegen. Besonders an Feiertagen ist die Lust der Gesetzeshüter, jeden zur Kasse zu bitten, christlich hoch. Wohlgemerkt, nur der Sicherheit wegen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, wenn den Sündern der Strassenverkehrsordnung, von schrottreifen Uraltexemplaren auf Rädern nachgestellt wird. Dass bei den nahe dem Verfall fahrenden Kisten der Staatsvertreter alles dranbleibt, grenzt an ein Wunder.

Staatliche Fahrzeuge

Was mich immer wieder irritiert ist, dass die ganze baufällige Fahrzeugflotte fährt. Das würde man ihnen garnicht zutrauen. Umsomehr wird sie durch Zukauf von Altflotten anderer Laender aufgestockt.

Taschenrechner „Sinn und Unsinn” es scheint wie ein Vermächtnis der Urahnen.

Ohne Taschenrechner geht einfach gar nichts.  Auch bei den einfachsten Rechenschritten des kleinen Einmaleins wird  der Taschenrechner gezückt. Kopfrechnen gilt also sicher nicht als Bestandteil der Bildungsförderung. Meistens dauert es sogar länger, den Taschenrechner zu finden, als die Rechenoperation im Kopf durch zu führen. Es macht auch den Anschein, als würden alle vor 30 Jahren entsorgten Taschenrechner der westlichen Hemesphäre hier eine Reunion feiern. Manche Stücke haben schon fast musealen Charakter mit Sammlerwert.

Umweltschutz alla Bonhour

Oft genug war ich über meine Doppelverglasung an meinem Auto froh, denn was aus den Fahrzeugen anderer Fahrzeuge hinausgeworfen wird, landete nicht selten auf meiner Windschutzscheibe. Dabei entsteht beim Müll-Entsorger kein Unrechtsbewusstsein, denn Umweltschutz gilt doch nur, wenn die eigene Behausung betroffen ist.

Wachpersonal zur Reduzierung der Arbeitslosenzahlen

Es gibt wohl kaum ein Geschäft ohne Wachmann, so dass jeder Laden einem Hochsicherheitstrakt aehnelt. Die Funktion ist mir noch nicht klar geworden, vor allem nicht in Apotheken oder Lebensmittelgeschäften. Die Wachmänner tun aber keiner Fliege etwas zu leid, sie schleichen einfach ziemlich genervt durch den Laden, selbst die Uniform flösst kaum Respekt ein.

Nicht-Raucherschutz einmal ganz anders

Wer jeden Tag um das Nötigste kämpft, kümmert sich nicht um die vielen anderen Probleme einer Gesellschaft, schon garnicht um den Schutz Anderer. Bedenkt man, dass in den meisten Ländern der Europäischen Union Rauchverbote fast überall existieren, erstaunt es doch, dass rauchen hier fast ein soziales Muss darstellt. Ob an Busshaltestellen, in Gebäuden, in Schulen, rauchen ist in. Wer raucht gehört dazu.

Begrüssung

In den ersten Jahren hat es mich immer befremdet, wenn sich mit „Hello” verabschiedet wurde. Das kannte ich bis dato nur als eine Art guten Tag unter Bekannten. Aber auch das Datum gab mir zu denken, ist die chronologische Reihenfolge des Datums im westlichen Teil Europas in Tag, Monat, Jahr geordnet, gewöhne ich mich selbst heute noch nicht an die Reihenfolge Jahr, Monat, Tag. Die Harmonisierung in der Europäischen Union ist eben nicht überall angekommen.

Kleidung (antarktische Sturmbekleidung)

Im allgemeinen unterscheidet sich die Kleidung im Stil nicht wesentlich von der in anderen Teilen Europas, wenn da nicht ein paar kalendarische Besonderheiten eine Rolle spielen würden. So staune ich immer wieder, dass selbst bei milden Temperaturen am 1. Oktober Mützen, Mäntel, Schals und allerlei wärmende Utensilien die Körper bedecken. Es entsteht zwangsläufig der Eindruck, als hätte die Kleidung weniger mit dem Klima als dem Kalender zu tun. Ab Oktober werden Trainingsanzüge und Turnschuhe als Dauerbekleidung von antarktischer Sturmbekleidung abgelöst, die ohne weiteres Temperaturen von bis zu minus 50 Grad Celcius trotzen könnte. Die Winter sind zwar nicht so kalt und schneereich wie in Deutschland, aber jeder verhält sich so, als könnte dieser Fall minütlich eintreffen und dafür will man ja allzeit gerüstet sein. So zum Beispiel geschehen an einem Sonntag, den 9. Januar. Nach einigen kalten und etwas schneereicheren Tagen schien die Sonne bei wolkenlosem Himmel und ca. +11 Grad Celsius. An der Kleidung konnte ich jedoch keinen Unterschied zu den kalten Vortagen bemerken. Kopfbdeckungen, wo das Auge hinreicht. Mein Kopf wäre wohl unter dieser Hutpracht geschmolzen. Fazit, es ist wohl eine genetische Erblast.Der Wetterbericht hat warme Tage lange vorher angekündigt, jedoch ohne jede Reaktion. Aber im Winter hat es ja auch gefaelligst kalt zu sein.

Schuhe

Einer Person die Herkunft anhand der Schuhe zuzuordnen ist eigentlich unmöglich. Den Versuch habe ich aber mit grossem Erfolg gemacht. Natürlich ausserhalb des Landes. Zumindest gelang es mir, die geographische Richtung zu bestimmen. Immer ohne Ansehen der Person, einfach nur mit Blick auf den Schuh. Natürlich habe ich mich auf die Männer beschränkt, denn die Schuhgewohnheiten der Frauen sind so vielfältig, dass ich es mir nicht zutraue, Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf jeden Fall habe ich festgestellt, dass die Schuhe der besagten Zielgruppe keiner bestimmten geschmacklichen Richtung entsprechen, weder farblich noch im Stil. Es handelt sich ausschliesslich um subjektiv äusserst hässliche Plastikformen, die den Fuss bedecken und wie eben auch die Mütze Schutz bieten. Der Ausdruck Schuh ist unangebracht. Ich habe mich auf Fussmütze festgelegt, das trifft es am besten.

Das Nummernzieh-Unsystem

Sie kennen ihre Drängelsucht offensichtlich selbst am besten. Bei Behörden, Banken, Telefongesellschaften, in Apotheken und an vielen anderen publikumsträchtigen oder auch nicht publikumsträchtigen Orten, steht am Eingang eine meist an Fortschritt und Modernheit alles überstrahlende Ticketmaschine. Das erste Mal wusste ich nicht, warum sich keiner um mich kümmern wollte, als ich die Bankfiliale betrat. Dann fiel mir auf, dass jeder mit so einem Nummern-Zettelchen zu einem Schalter lief. Über dem Schalter ein Nummerndisplay wie ich es aus Deutschland von der Zulassungsbehörde kannte. Soweit so gut, ich habe also daraufhin versucht, dem bürokratischen Eifer der Leute nachzufiebern und wollte ebenfalls ein Ticket ziehen. Leider habe ich vergeblich nach einer englischen, deutschen oder irgend einer anderssprachigen Anleitung gesucht. Fazit, gehe nirgends ohne Dolmetscher hin, sonst bist du verloren. In Behörden haette ich diese Nummernhisterie noch verstehen können, aber selbst an Verkaufs- oder Servicestellen mit nur einem Kunden, lief ohne Nummer nichts. Da kann es auch durchaus auch mal vorkommen, dass man allein als Kunde 20 Minuten wartet, bis die Nummer aufgerufen wird. Es fehlt nur noch, dass vor einem Kreisel die Autofahrer auch nur mit einer Nummer bewaffnet in den Kreisverkehr einfahren dürfen. Wahrscheinlich würde der Kreisverkehr dann besser fliessen.

Friseur

An jedem Freitag gibt es den sogenannten kollektiven Haarschnitt für alle Frauen, sagen wir mal ab 50. Wie die Friseure das schaffen, habe ich noch nicht herausbekommen. Der Frauentyp spielt dabei keine Rolle, denn die einheitliche Frisur, die der Topf drauf Variante und alles was drüber steht wird abgeschnitten, gleicht, sollte nicht als modischer Weckruf für den Rest der Welt verstanden werden. 

Wetter

Das Wetter ist angenehm und die Möglichkeiten, seine Faulheit in vollen Zügen auszuleben, sind vielfältig, insbesondere im Sommer. Die Temperaturen können schon mal 40 Grad Celcius erreichen und längere Hitzeperioden sind auch nicht ungewöhnlich. Die Bekleidung ist dementsprechend spährlich. Shorts, Sandalen ohne Socken und ein dünnes Hemdchen oder auch gar kein Hemdchen sind dann die Renner. Sobald es jedoch zu regnen beginnt, ist sofort wieder die Sturmbekleidung angesagt, die allzeit bereitsteht. Als Schutz dienen Plastiktüten und alles Erdenkliche, um sich vor dem, so der Eindruck, lebensgefährlichen Nass zu schützen. Freiwillig lässt sich niemand ungehindert auf den Kopf regnen, nur wenn es wirklich nicht anders geht. 

Turnschuh- und Trainingsanzugskultur

Eine sportliche Gemeinschaft, so dachte ich immer, obwohl die Figuren eher zu einem anderen Urteil führen koennten. Preiswerte Turnschuhe, locker sitzende Trainingsanzüge und natürlich eine Kappe runden das Gesamtbild ab. Natürlich sind nicht alle so ungezwungen bekleidet, vor allem nicht am Sonntag, da muss der feine Zwirn herhalten. Auf mich wirkt diese Bekleidung aber eher wie die abgelegten, sauberaufgebügelten Kleider unserer Grossväter. Sauber und adrett ist sehr wichtig, natürlich bis die letzte und kleinste Falte raus ist. Ein ungebügeltes Kleidungsstück gilt fast als Straftatbestand. Ausschlaggebend ist die Einschätzung der anderen Leute. Es ist so eine Art Benotungssystem der guten Sitten.

Lehrer

Die Lehrer sind generell über jedes Wissen erhaben. Besonders die Sprachlehrer neigen mit unglaublicher Überheblichkeit dazu, ihr fehlendes Sprachwissen denen zu vermitteln, die muttersprachlich keiner Hilfe bedürfen. So kommt es nicht selten vor, dass in einer Klassenarbeit richtig in falsch korrigiert wird. Kritik an diesem Defizit ist nicht angebracht, denn der Lehrer hat ja immer recht. Was er dem Schüler eben voraus hat, ist der schriftliche Nachweis einer bestandenen Sprachprüfung, die zum Unterichten berechtigt.

Wissen Sie es oder wissen Sie es nicht

Nicht gelebtes und nicht erlebtes Wissen gilt für fast alle Bereiche. Wie man sich im Ausland benehmen muss, erliest sich jeder. Da kann einer daherkommen, der sein ganzes Leben dort verbracht hat und muss sich dennoch belehren lassen. Mit Engelszungen habe ich versucht, Dinge zu erklaeren, es war einfach aussichtslos. Nach einer gewissen Zeit habe ich es aufgegeben und akzeptiert, dass ich dazulernen muss.

Punktsystem

Das Bildungssystem ist geprägt von vielen, vielen Jägern. Nicht etwa nach einem verlorenen Schatz, sondern nach Punkten, die späeter an Universitäten oder Weiterbildungsschulen dazu berechtigen, weiter zu lernen. Im Berufsleben wird dann auch nach der Anzahl der Abschlüsse besoldet, allerdings reicht die Höhe der Besoldung nur selten aus, um ein würdiges Leben zu führen.

Geschaefte

Wer die ehemalige DDR besucht hat, weiss, wie dort die Geschäfte ausgesehen haben. Bis auf die Hauptstadt wirken die Geschäfte eher ärmlich. Lust auf kaufen kommt ganz sicher nicht auf, zumindest nicht bei mir.

Farbe der Haeuser

Eine bunte Mixtur mit dem Hang zur Dekulturierung des Stadtbildes

Neu ist immer besser als alt

Der Begriff neu erhält hier einen ganz anderen Stellenwert. Wer was auf sich hält, kauft neu. Etwas gebraucht zu kaufen, ist ein Ansehensverlust. So ist beim Kauf eines Autos der neue Skoda einem gebrauchten Mercedes grundsätzlich vorzuziehen. Mit den Häusern ist es ähnlich. Neu muss es sein und eine Garage ist wichtig. Ein Haus ohne Garage ist kein Haus. Selbst Autos, die ganz sicher nicht auf der Liste von Dieben stehen, werden in Garagen geparkt. Es hat fast Statussymbolcharakter. Lieber ein neues schlechtes Auto als ein gebrauchtes gutes Auto. Es ist grundsätzlich nicht drin, was draufsteht, so ist es fast die Regel, dass auf 30 Jahre alten Autos alles, was der Tunermarkt zu bieten hat, auf der Heckklappe aufgeführt ist. Xenon ist der Renner, wer was auf sich haelt, rüstet sein Auto nach. Selbst vor Wartburgs machen die Hobby-Tuner kein Halt. Gerne laesst man auch die besondere Beleuchtung in Parkebenen an, um die technische Inovation zu presentieren. Anfangs ist es mir nicht so aufgefallen, aber nach einiger Zeit habe ich mich darüber gewundert, dass witterungsunabhängig fast niemand ohne Kopfbedeckung herumläuft. Auch im Auto bleibt die Mütze an. In die Schlafzimmer und in die Wohnungen konnte ich ja nicht hineinsehen, aber wer weiss. Rein rechtlich, so habe ich mich erkundigt, gibt es keinen Zwang zum Tragen einer Kopfbedeckung. Ich dachte eigentlich, dass das Tragen einer Mütze nicht mehr steigerungsfähig ist, aber in etwas kaelteren Tagen ist eine zusaetzliche Kapuze sehr angesagt. Leider habe ich die Gelegenheit verpasst, Profit daraus zu schlagen, denn der Verkauf von Mützen oder Kopfbedeckungen hätte mir hier sicher ein Vermögen eingebracht. Allerdings schätze ich, dass die Prokopfdmützendichte weiteren Absatz nicht mehr zulässt.

Schirm

Auch der Schirm hat eine fast symbolische Bedeutung. Es gilt sich in Sicherheit zu bringen, wenn ältere Frauen, die kaum die Lenkstange des Fahrrads festhalten können, mit dem Gefährt buchstäblich durch die Strassen wackelrollen. Schon der Gedanke, es könnte regnen, hat ein kollektives Schirmeaufspannen zur Folge einschliesslich der fahradbewegenden Zunft. Damit wird der Fahrradfahrer, in der einen Hand mit geöffneten Schirm, in der anderen Hand die Lenkstange, zur echten Bedrohung für alle, die sich in unmittelbarer Nähe aufhalten. Fahradfahrer heben alle bekannten Verkehrsregeln auf. Sie biegen z.B. in eine verkehrsreiche Strasse ein oder sie biegen von der Hauptstrasse in eine Nebenstrasse ab, all das geschieht fatalistisch ohne jeden Blickkontakt zum restlichen Verkehr. An Ampeln, wenn es dann gar nicht mehr anders möglich ist, wird nicht die Bremse betaetigt, die ohnehin selten funtioniert, stattdessen wird in einer uns fast ausserirdisch anmutenden Art vom Fahrad heruntergestiegen, um dann auf eine ebenso ausserirdisch anmutende Art mit dem Fuss Schwung zum erneuten Aufsitzen zu holen. Auch ich habe diese Technik ausprobiert, bin aber regelmaessig gescheitert. Zu beobachten ist diese Technik an jedem Übergang oder auch an jeder Ampel oder einfach überall da, wo es keinen anderen Ausweg gibt als abzusteigen. Sie ist wohl einzigartig und obwohl ich wirklich herumgekommen bin, habe ich so eine Technik noch nirgends beobachten können. Die Radfahrer sind aber in ihrer verwegenen Art zu fahren nicht zu überbieten. Es wird ungeachtet jeder Verkehrsvernunft rechts oder links überholt ohne Rücksicht auf Verluste. Vor dem Losfahren im Auto empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen, einen Blick auf die überholwütigen Fahrradfahrer zu riskieren. Fast könnte der Eindruck erweckt werden, als hätten die Vespafahrer in Rom hier die Fahrprüfung abgelegt.

Fahrrad

Das Fahrrad ist in der hiesigen Kultur nicht wegzudenken. Wären sie nicht alle so schäbig, würde ich die Vielzahl der Räder auf eine ausgewachsene Sammelleidenschaft werten. In Deutschland ist der einzige Ort, wo solche Exemplare noch zum Vorschein kommen, der Schrottplatz  Im Sommer lädt das schöne Wetter dazu ein, alles mit dem Fahrrad zu erledigen, denn Auto fahren ist ja unverhältnismassig teuer. Dafür putzt man es mehr als nötig. Selbst die vergammeltsten Vehikel glänzen in erbärmlicher Pracht. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Fahrrad im Winter genauso zum Einsatz kommt. Weit gefehlt, ungeachtet jeder Wetterkapriolen, Eis, starker Schneefall, Sturm, bleibt das Fahrrad im Dauer-Einsatz. Es versteht sich von selbst, dass die bekannten Utensilien wie Schirm, Mütze, Schal und dickste Kleidung weiterhin nicht fehlen dürfen. Es wirkt akrobatisch, wenn alte Leute, die sich kaum auf den Beinen halten können, den Drahtesel besteigen und dann bei Eis und Schnee mehr stehen als fahren.

Parkgebühren

Die Höhe der Parkgebühren steht in keiner Relation zum Einkommen. Muss man in Deutschland z. B. pro Stunde auf der Strasse an einer Parkuhr Euro 2,-- bezahlen, kostet es hier zwar nur Euro 1,50, das Einkommen ist aber viermal geringer als in Deutschland, effektiv ist parken also dreimal teurer. Das ist auch der Grund, warum man überall Leute wartend am Steuer von Autos sitzen sieht. Im Winter dann meistens mit laufendem Motor wegen der Heizung. Ein Gruss dem Umweltschutz. In kleineren Ortschaften bis 50 tausend Einwohner gibt es eigentlich keine Parkprobleme, aber offensichtlich sehen die Verantwortlichen, die sicher ab und an nach Österreich, Deutschland oder z.B. der Schweiz reisen, wie luktrativ dieser Geschaeftszweig für ihre Kleinstädte sein könnte. Von einem Tag auf den anderen wurden z.B. in einer mir bekannten Kleinstadt Schilder aufgebaut, die sich auf immer mehr Stadtteile ausweiteten, natürlich auch in Wohngebiete, die nie Parkprobleme hatten. Unzählige Kontrolleure liefen herum, die, sobald ein Auto irgendwo abgestellt wurde, heraneilten und fragten, wielange man zu parken gedenkt. Danach richtete sich dann die Höhe der Gebühr. Verspätet zum Auto zurückgekehrt, war bereits ein Ticket an der Windschutzscheibe mit einer für hiesige Einkommensverhaeltnisse unangemessenen Busse. Offensichtlich hat sich diese Art der Erhebung von Parkgebühren nicht durchgesetzt, worauf die Stadtvaeter Automaten aufstellten. Wieviele habe ich nie gezählt, aber sehr viele, die auch ständig kaputt sind. Wie man die für sicher viel Geld angeschafften Parkautomaten bedient, steht in fast unleserlicher Kleinschrift geschrieben, auch nur in Landessprache. Ein Ausländer hat da überhaupt keine Chance. In überdimensionalen Lettern steht jedoch der Bussgeldbetrag geschrieben, wenn ohne Ticket geparkt wird. Darüberhinaus der Mehrbetrag, der faellig wird, wenn die Busse nicht inerhalb von 1 Woche bezahlt wird. 

Neujahr

Alle stehen auf, wenn die Neujahrsglocken erklingen, um die Nationalhymne zu singen, auch wenn man nur vor dem Fernseher stehen kann. Eine sehr schöne, melancholische und ergreifende Hymne.

Kreis-Unverkehr

Um den Verkehr zu entspannen, sollten anstelle von Signalampeln Kreisel entstehen. Klappt überall in der Welt, wo ich in meinem Leben schon Auto gefahren bin. Die Zierharmonikaregel ist ein Garant dafür, vorausgesetzt alle Verkehrsteilnehmer machen mit. Die Schlangen sind jetzt länger denn je, denn du wirst einfach nicht reingelassen. Du kannst nur hoffen, dass irgendwann die Lücke gross genug ist, um mit Vollgas hineinzufahren. Ein ähnliches Gefühl haben Menschen, die eine befahrene Strasse auf einem Zebrastreifen überqueren möchten.  Es hält ganz sicher niemand, es sei denn, ein Auslaender sitzt am Steuer. Sollte etwa ein Fussgänger an einem Übergang stehen, wird nochmal aufs Gaspedal gedrückt, um auf jeden Fall schneller zu sein. Bleibt ein Autofahrer widererwartend stehen, wird er mit ungläubigen Blicken bestraft. Dank spiegelt sich ganz sicher nicht darin wider.

Überholvorgang Auto

Der Respekt vor hubraumstarken Autos ist gross, was nicht heisst, dass man sie freiwillig überholen lässt. Eine grössere Schmach, überholt zu werden, gibt es kaum. Auch wenn ein Überholen nicht vermeidbar ist, wird die nächste Gelegenheit des Wiederüberholens genutzt. Überholt man, so versucht der Betroffene das Letzte aus seinem Motor herauszuholen. Seine Ehre steht schliesslich auf dem Spiel. Fluchend und fauchend sitzen sie hinter ihrem Steuer. Überholst du mit deinem 500 PS Schlitten einen Wartburg, der 32 PS hat, wird keine Gelegenheit vernachlaessigt, dir das durch einen völlig sinnlosen und verzweifelten Gegen-Überholvorgang, heimzuzahlen. HInter einem dieser unzaehligen Suzukis stehe ich oft genug an einer Kreuzung. Die Reaktionsanfahrzeit ist jedoch so unglaublich lange, dass selbst ich nach soviel Jahren ungeduldig werde und dann das Einfaedeln in den Verkehr etwas zügiger vornehme, dabei natürlich den Suzuki überholen muss. Zum Glück darf hier nicht wie in Amerika jeder eine Waffe kaufen, denn das würde auf Dauer keiner überleben.

Mütze, Mütze, Kapuze, Schirm

Ich bin sicher, dass der Mensch ohne Mütze auf die Welt kommt, obwohl ich hier schon einige Male ins Wanken kam. In die Schlafzimmer kann ich ja nicht hineinschauen, würde mich aber nicht wundern, wenn die Mütze auch dort auf dem Kopf bleibt. Eigentlich gibt es keinen Platz, wo die Kopfbedeckung fehlt. Im Auto, in den Geschäften, sogar am Arbeitsplatz, einen mützenfreien Platz zu finden grenzt an ein Wunder. Witterungsunabhängig überall, sogar beim Sport. Für mich ist ein Mützenweltbild entstanden. Es geht mittlerweile soweit, dass ich erstaunt bin, jemand ohne Mütze anzutreffen. Du glaubst, damit kaeme jeder im Winter zurecht, nein, da kommt die Kapuze oben drauf, nicht zu vergessen den Schirm, sobald die ersten Tröpfchen vom Himmel fallen. Heute war ein wunderschöner, wolkenloser Dezembertag, etwa 4 Grad Celcius. In einer Apotheke standen acht Frauen mit acht verschiedenen Strickmützenmodellen. Wie gerne hätte ich diesen Moment fotografisch der Nachwelt hinterlassen. Als ich das Geschaeft betrat, haben mich alle beobachtet, ich könnte mich ja vordrängeln.

Über das Wetter spricht jeder

Das Wetter ist die tragende Saeule der Komunikation. Dem guten Tag folgt an kühleren Tagen die Bemerkung, oh es ist so kalt. Das stösst überall auf positive Resonanz, denn dieser Gesprächsstoff ist jedem vertraut. Keiner wird überfordert und alle sind glücklich.

Grosse Klappe und nichts dahinter

Man zeigt was man hat, besonders wenn es jemand sieht, üblich ist ein Trinkgeld von bis zu 10%, das kann jedoch auch höher ausfallen, wenn eine befreundete Familie am Nebentisch sitzt. Gerne zeigt man seine spendale Ader. Man kann es sich halt eben leisten.

Metzgerei

Montags ist einer der interessanteren Tage. Ich komme aus dem Gartentor und sehe rechter Hand eine lange Schlange vor der Metzgerei, wohl gemerkt draussen, im Sommer wie im Winter. Die Leute, normalerweise weltmeisterlich im Drängeln, stehen geduldig in einer langen Schlange an, als ob es das letzte Fleisch des Jahres angeboten wird. Jeder will das beste Stück ergattern, so die Philosophie.

Arbeiten macht müde

Aus Deutschland war ich 16 Stunden Arbeitstage gewohnt. Die westliche Erziehung erlaubt es dem Arbeitstag ohne grösseres Murren zu bewaeltigen. Hier wird der Arbeitstag mit Klagen begonnen und endet ebenso, wobei ununterbrochen über die Schwere der Arbeit diskutiert wird. Es betrifft alle gleichermassen, selbst diejenigen, die einfach nur herumsitzen.

Alleskönner

Frag einen Arbeiter, ob er dir dein Haus renovieren kann, wird er dies bejahen. Fragst du den selben Arbeiter, ob er dir dein Auto reparieren kann, wird er dies ebenfalls bejahen. Fragst du ihn, ob er eine Party mit einem Buffet organisieren kann, ist das Ergebnis das gleiche. Jeder kann alles, aber nichts zufriedenstellend. Für ausgeführte Arbeiten werden Garantieleistungen versprochen, die aber auf keinen Fall eingehalten werden können, aus Zeitgründen oder finanziellen Gründen, oder weil ein Ersatzteil nicht beschaftt werden kann. Die Liste der Ausreden ist so lang, dass man irgendwann aufgibt. Ein schlechtes Gewissen existiert nicht.

Autorestauration mit langem Atem

Ja, da habe ich einfach nicht lange genug Erfahrungen gesammelt und meine westeuropaeischen Moralgrundsaetze zugrunde gelegt. Mein Auto, ein sehr schöner Oldtimer, sollte renoviert werden. Die relativ niedrigen Preise haben mich veranlasst, vor Ort einen Spezialisten aufzusuchen. Der hatte 7 Monate veranschlagt, das war genau vor 5 Jahren. Du glaubst, er fühlt sich dabei unwohl. Irrtum, er hat überhaupt kein Problem damit, dir immer wieder zu erklären, dass das Fahrzeug sehr bald fertiggestellt sein wird. So habe ich trotzdem durch ständige Besuche immer wieder versucht, das schlechte Gewissen zu wecken. Es gab aber nichts zu wecken. Ein Einzelfall dachte ich in meiner grenzenlosen Naivität. Weit gefehlt, aus versprochenen 3 Monaten bei der Neubelederung wurden 1 ½ Jahre, bei der der Chromteileüberarbeitung aus 2 Wochen 8 Monate. Beim Motor und dem Getriebe wurde ich jedoch überrascht, der Betrieb hielt die angesagten 3 Monate tatsächlich ein, jedoch, wie ich später erfahren  konnte, aus Gründen verwandtschaftlicher Bande und der damit verbundenen Ehre. Wäre doch der ganze Ort mit mir verwandt, dann hätte ich mir viel Aerger erspart.

Supermarktkasse als Drängelevent

Ein Erlebnis der besonderen Art. Anfangs war ich recht unbedarft, aber nach einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass selbst ein kurzes Umdrehen Gelegenheit genug schien, um sich blitzschnell vor mich einzuordnen. Klar habe ich nichts gesagt, denn ich bin ja Gast, ausgestattet mit der anerzogenen Höflichkeit eines Westeuropaeers. Auf Dauer war diese Einstellung jedoch nicht durchzuhalten, denn ich wollte ja nicht den ganzen Tag im Supermarkt verbringen. Ich habe eigentlich immer den Eindruck, dass man um jeden Preis versucht, sich auf irgend eine Art und Weise einen Vorteil zu verschaffen, sei es an der Supermarktkasse, im Auto oder am Opernbüffet, wo man sich nur nach Fastprügeleien ein Glas Sekt sichern kann. Wenn mehrere Kassen in einem Supermarkt besetzt sind, und eine weitere Kasse öffnet, um dem steigendenden Ansturm zu begegnen, löst das eine völlig unreflektierte und instinktive Massenbewegung in Richtung der neugeöffneten Kasse aus, die nur mit dem fluchtartigen Verlassen eines Bienenschwarms vom Bienenstock zu vergleichen ist. Einmal bin ich an eine Kasse gelaufen mit einem Schokoriegel in der Hand. Es war die einzige Kasse, die geöffnet war. Ein Kunde stand mit einem prallgefüllten Einkaufswagen vor mir. Ich habe 15 Minuten gewartet, bis der Kunde abgewickelt war. Der Gedanke, mich für diesen einen Artikel vorzulassen, kam diesem Herrn nicht in den Sinn. Es ging sogar soweit, dass er noch Wechselgeld aus dem vor dem Geschäft geparkten Oberklasse-Fahrzeug holte, es sollte ja jeder sehen, was für ein tolles Auto er besitzt. Erst dachte ich, es wäre einfach nur ein Einzelfall, aber weit gefehlt, es passierte immer wieder.

Fahrrad Kindersitze

Eine geradezu herausragende Stellung geniesst das Fahrad. Es gibt sie in allen mir bekannten und nicht bekannten Variationen, selten jedoch mit funktionierenden Bremsen. Insbesondere die Nutzung des Drahtesels versetzt den Betrachter immer wieder ins Staunen. Mütter mit zwei Kindern haben z.B. jedem Sicherheitsaspekt zum Trotz eine Plastikschale als Kindersitz auf dem wackeligen Gepäcktraeger. Wer glaubt, das ist alles, taeuscht sich, denn auf der Lenkradstange befindet sich, abenteuerlich befestigt, eine zweite Schale. Mit zwei Kindern auf alten Fahraedern bewaffnet, wird dann losgeradelt in einer Geschwindigkeit, die jedes physikalische Gesetz aushebelt. Nicht schnell, sondern betulich langsam. Bei Regen fehlt der geöffnete Schirm ebensowenig, wie das Telefonieren auf dem Mobiltelefon. Unnachahmlich ist die Auf- und Absteigtechnik, die seinesgleichen sucht. In vielen Teilen der Welt werden Altersgrenzen für Autofahrer diskutiert. Hier haette das keine Aussicht auf Erfolg, denn schon bei Radfahrern gibt es nach oben kein Alterslimit. So wackelrollen sich auch die über 90 Jaehrigen gemaechlich durch den Ort.

Veranstaltungen

An Langeweile nur schwer zu übertreffen sind Tanzveranstaltungen oder eben Baelle. Die Frauen aufgetakelt, jedes Jahr in neuem Outfit und darauf bedacht, das schönste Kleid zu tragen. Umso weniger spielt sich auf dem eigentlichen Fest ab. In vorgschriebener Ordnung sitzt man gelangweilt herum, bis das Essen serviert wird. Keine Gourmetküche, aber jeder ist zufrieden bis auf mich, denn ich kann fettem Essen eben nichts abgewinnen. Gerne esse ich auch heiss, aber da bin ich auf verlorenem Posten. Nach dem Essen wird in Begleitung einer mittelmässigen Lifegruppe getanzt. Am besten rettet man sich in den Alkohol, denn dann bekommt man nur alles verschwommen mit. Es ist auch gar nicht so schlecht, sich nur undeutlich an solche Abende zu erinnern. Am wichtigsten ist es, gesehen zu werden und zu dokumentieren, dass finanziell und familiaer alles in Ordnung ist.

Kostenvoranschlaege

Auch wenn du glaubst, einen seriösen Kostenvoranschlag zu erhalten, wirst du immer überrascht. Klar, in Deutschland werden Preise auch nicht immer eingehalten, aber hier grundsaetzlich nicht. Der Kostenvoranschlag dient nur als Orientierung. Vor allem die Materialkosten steigen stets ins unnachvollziehbare Nirvana. Die Anzahl der Arbeitsstunden lässt sich ja noch nachvollziehen, aber der Materialumfang eher nicht. 

Lieblingsfahrzeuge

Auffällige und hochpreisige Fahrzeuge, denen es nicht an Aufschriften namhafter Tuningfirmen mangelt. Haben Sie schon einmal einen Opel von Brabus gesehen, dann kommen sie einfach mal hier her. 

Busshaltstellen

Busshaltestellen sind soziale Begegnungsstaetten von jung und alt. Auch hier greift das Gesetz, wer am besten drängelt, ist als Erster drin. Ich möchte gerne wissen, was Engländer zu dem Rudelanstehen sagen würden. Aber die Schlacht ist erst gewonnen, wenn man einen Sitzplatz im Inneren des Busses ergatert hat, deshalb macht der Fight in den Bus hinein auch Sinn. Wer dann einen Platz hat, kann sich glücklich schäetzen. Kommst du als Schwangere oder als altes Mütterchen zu spät, weil du ja im Kampf unterlegen bist, hast du einfach nur Pech gehabt. Keiner würde seinen Platz hergeben, um keinen Preis der Welt.

Eigentumsübertragungen

Was immer du über das Stehlen gelernt hast, gilt hier nicht. Was lose herumliegt, nimmt sich fast jeder. Schuld ist ja nicht der, der einem anderen etwas wegnimmt, sondern der, der etwas unbeaufsichtigt liegen lässt. Das gilt in den Restaurants für Besteck, Salzstreuer, in der Bank für Kugelschreiber, an deinen Reifen für schöne Radmuttern oder Kappen. In einem Autozubehörgeschaeft habe ich einmal sehr schöne BMW-Ventilkappen gekauft und die normalen Ventilkappen durch die schöneren ersetzt. Es hat nicht laenger als eine halbe Stunde gedauert, da waren sie alle abgeschraubt. Im hiesigen Rechtsempfinden war ich schuld, denn ich habe ja nicht aufgepasst. Es geht dabei garnicht einmal um fehlendes Geld, eher um ein anerzogenen Kulturdefizit.

Autos

Vor meiner Behausung stehen immer recht gute deutsche Autos. Das bedeutet schlicht und ergreifend, dass an belebteren Tagen Spaziergaenger andächtig vor den Fahrzeugen verweilen und Photoaufnahmen machen. Sie sind auch stets bemüht, allen zu demonstrieren, dass sie sich so ein Fahrzeug ebenfalls leisten könnten.

Land der Strafmandate

Es gibt kaum etwas, was nicht mit einer Geldstrafe belegt werden kann. Manche Strafen sind iuristisch nicht eindeutig und wenn man wissen will, wofür man zahlen muss, ist meistens schon die Mahnung im Haus mit einer erhöhten Geldbusse.

Schwimmbaeder

Schwimmbaeder sind überall in der Welt mehr oder weniger gleich. Lange Schlangen an der Eingangskasse mit entsprechenden Wartezeiten. Ist man mal drin, wird der kleine Raum auf viele Begehrte aufgeteilt. Das alles ist kaum erwaehneswert. Aber dann wollte ich schwimmen gehen. Um ins Wasser zu kommen, musste ich jedoch erst einmal über Hunderte von Badesandalen klettern, die aehnlich der Mützen offensichtlich zum Kulturschatz zaehlen. Ohne Badesandalen geht einfach niemand, denn man könnte sich ja an einem Grashalm verletzen. Dass bei der unglaublichen Vielzahl jeder sein Eigen wiederfindet, grenzt an ein Wunder. Auch der Bademantel spielt eine nicht unerhebliche Rolle, obwohl man in deutschen Schwimmbaeder auch gerne darauf zurückgreift. Hier geht aber nichts ohne Bademantel, Badekappe und Badesandalen.

ABITUR

Die kulturellen Unterschiede sind allerorts bemerkbar. Das Ende meiner Schulzeit endete mit der Abholung meines Abiturzeugnisses im Sekretariat meines Gymnasiums. Ich kann mich zwar an Feiern früherer Jahrgänge erinnern, aber wir wurden ohne Tamtam entlassen. Umsomehr war ich überwältigt von den Abitursfeierlichkeiten hier. Eigens dafür wird ein grosser Saal angemietet. Am Samstag eines milden Januartages war es dann soweit. Abends um 18.30 ging es los. Ich ging im Smoking, natürlich ohne Mantel, wurde zwar so beäugt als wäre ich von einem anderen Stern, hatte aber den Vorteil, mich nicht in die Schlange einreihen zu müssen, um meinen Mantel abzugeben. Alle waren dick bekleidet bei einer gefühlten Aussentemperatur von um die plus 15 Grad Celsius, nur ich eben nicht. Da doch jeder den halben Tag lang vom Wetter spricht, ein gefundenes Fressen für tagelange belanglose Gespräche. Als Auslaender fällst du hier eben besonders auf, weil du normal bist. Drinnen angekommen in der eigentlichen Turnhalle der Schule, erwartete mich ein schäbiger Tisch mit schäbigen Stühlen, gedeckt und natürlich der allgemeine Broter oder auch -zusatz, die Gewürzgurken in kleinen Schaelchen. Soweit so gut, daran gibt es ja eigentlich nichts auszusetzen, wenn der Gegensatz gemessen am Anlass nicht so auffaellig gewesen wäre. Ungefähr 1000 Gäste mit Absolventen und alle im Anzug und besonders auffaellig die Absolventinnen, die allesamt in einem teueren, schneeweissen Abendkleid erschienen. Mein erster Gedanke und auch meine erste Frage, ob denn alle Maedchen noch Jungfrauen seien, traf nicht wirklich den Humor der Anwesenden. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer kurzen Rede des Allermaechtigsten, dem nach dem ersten Tanz alle huldigten. Ich fühlte mich zurückversetzt ins 18. Jahrhundert an den Wiener Hof, zumindest soweit ich es aus Filmen kannte. Später am Abend gab es noch einen zweiten Tanz, diesmal jedoch ohne Huldigung, denn der Allmächtige war nicht mehr anwesend.

Autowaschanlage als kollektives Gesellschaftsereignis

Heute Sonntag ca. 10.30 Uhr wollte ich mein Auto an einer der drei Selbstwaschanlagen abspritzen. Dieses Unterfangen war jedoch zum Scheitern verdammt. Offensichtlich hatten alle Autobesitzer im Ort die gleiche Idee. Die Zufahrtsstrassen zu den Selbstwaschanlagen waren bereits verstopft mit Wartezeiten von sicher bis zu 20 Minuten und dass bei der sprichwörtlichen Ungeduld der Leute. Erstaunlich dabei, dass Fahrzeuge, die bei uns nur noch auf dem Schrottplatz zu finden sind, ebenso zum Waschen anstanden. Ich habe beschlossen, die Mittagszeit zu nutzen mit durchschlagendem Erfolg, denn da waren alle Anlagen leer.

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