Arbeitsprobe: Auszug aus der Magisterarbeit: Die Journalistin Louise Otto-Peters
Einleitung
Während der Zeit des Biedermeier zwischen 1815 und 1848 war die gesellschaftliche Stellung der Frau in den deutschen Staaten klar definiert. Sie wurde dem Haus und der Familie zugewiesen, während der Mann sich um das Einkommen kümmerte.
An der herrschenden Rollenverteilung und der Unmündigkeit der Frauen wurde bis zum Vormärz nicht gerüttelt.
Durch die Revolution in Paris 1830 kamen die Gedanken der Gleichheit und Freiheit in die deutschen Staaten und erreichten auch die Frauen. Anfangs noch mit den Männern zusammen kämpften sie um die Partizipation an der Politik, für ihre Freiheiten und Grundrechte. Doch schnell begriffen sie, dass sie selber für ihre Ideale eintreten müssten, um am Ende einer erfolgreichen Revolution nicht vergessen zu werden.
In dieser Zeit trat Louise Otto-Peters in die Öffentlichkeit. Seit den frühen 40er Jahren des 19. Jahrhunderts veröffentlichte sie in Zeitungen und Zeitschriften Artikel zur Frauenfrage und rief die Frauen dazu auf, für ihre Rechte zu kämpfen. Von ihren Zeitgenossen wurde sie deswegen als „Lerche des Völkerfrühlings“ und später als die „eigentliche Begründerin“ der deutschen Frauenbewegung bezeichnet.
In der modernen Forschung ist Louise Otto-Peters schon längst keine unbekannte Persönlichkeit mehr. Sie wird überwiegend im Zusammenhang mit der deutschen Frauenbewegung erwähnt. Aus diesem Grund wird auch ihre „Frauen-Zeitung“ des Öfteren behandelt: als Sprachrohr der sich formierenden Bewegung. Dass sie dazu aber noch eine der ersten politischen Journalistinnen in Deutschland war, kommt in den Darstellungen zu kurz. Dabei wird übersehen, wie wichtig dieser Umstand auch für ihre Arbeit in der Frauenbewegung war. Ohne die Möglichkeiten, sich mit Hilfe der Presse an die Frauen zu wenden, wären ihre Ideen und Forderungen nicht bekannt geworden und sie hätte dafür keine Anhänger finden können.
Aus diesem Grund wählte ich für meine Arbeit das Thema und den Titel „Die Journalistin Louise Otto-Peters“.
Die aktuelle Forschung zur Person Louise Otto-Peters wird zum großen Teil von der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e. V. in Leipzig vorangetrieben. In deren Archiv lagern sämtliche Arbeiten von und über Otto-Peters. Jedes Jahr findet eine Versammlung der Gesellschaft mit vielen Vorträgen rund um das Thema Louise Otto-Peters statt. Auf deren Basis erscheint jährlich eine Ausgabe des Tagungsberichtes „LOUISEum“, der sämtliche Vorträge und neue Erkenntnisse beinhaltet. Für meine Darstellung waren die Ausgaben des „LOUISEums“ eine wichtige Sekundärquelle, aus denen ich die meisten meiner Informationen über das Leben von Otto-Peters schöpfen konnte.
Folgende Personen beschäftigen sich aktuell besonders intensiv mit der Forschung über das Leben und Werk Otto-Peters: Zu erwähnen sind Ruth-Ellen Boetcher-Joeres , Irina Hundt und Johanna Ludwig . Deren Werke und Aufsätze bilden eine wichtige Basis dieser Arbeit.
Die Quellengrundlage meiner Arbeit basiert zu einem überwiegenden Teil auf den von Otto-Peters verfassten journalistischen Artikeln, die ich im Louise-Otto-Peters-Archiv einsah. Anhand ausliegender Register, die detailliert ihre Beiträge in den einzelnen Organen aufführen, konnte ich wichtige Erkenntnisse über Umfang und Themenvielfalt ihrer Arbeit erfahren. Ein Besuch im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden ermöglichte mir Einsichten, in welcher Art Otto-Peters aufgrund ihrer politischen Einstellung und Arbeit beobachtet, geahndet und verfolgt wurde. Außerdem waren mir die von Irina Hundt editierten und veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen Otto-Peters eine große Hilfe bei der Untersuchung ihrer Lebensumstände.
Die folgende Arbeit ist hinsichtlich der journalistischen Tätigkeit Louise Otto-Peters chronologisch aufgebaut. Ich untersuche, wie sie zu ihrem Beruf kam, wie sie ihn ausübte, mit welchen Themen sie sich beschäftigte und in welchem Umfang sie als Journalistin arbeitete. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den wichtigsten biographischen Daten in ihrem Leben, die Einfluss ausübten auf ihre Berufswahl und die Ausführung ihres Berufs: Wie ist sie aufgewachsen? Was hat sie geprägt? Gab es Ereignisse, die ihre lebenslange Beschäftigung mit den Rechten der Frauen und Arbeiterinnen auslösten? Bei dieser Darstellung berufe ich mich vor allem auf die von Ruth- Ellen Boetcher Joeres verfasste Biographie von Louise Otto-Peters. Die beinhaltete Zeittafel war mir bei der zeitlichen Orientierung eine sehr große Hilfe. Als Quelle dienten mir weiterhin die von Irina Hundt editierten Tagebücher Otto-Peters.
Der darauffolgende Abschnitt gibt einen Überblick über die Entwicklung des weiblichen Journalismus ausgehend von den „Moralischen Wochenschriften“ bis hin zu den ersten politischen Frauenzeitschriften. Er zeichnet den Weg der Frauen nach von ihren Anfängen als lesendes Journalpublikum über ihre ersten Zuschriften zu den Blättern, den ersten von Frauen herausgegebenen Journalen und endet mit der Gründung der ersten politischen Frauenzeitschriften.
Die journalistische Arbeit Louise Otto-Peters wird ab dem dritten Kapitel dargestellt und erörtert. Im dritten Kapitel erörtere ich ihre Anfänge als Journalistin und bespreche dabei die berühmte Debatte in den „Sächsischen Vaterlandsblättern“. Außerdem beinhaltet es eine Übersicht ihrer wichtigsten Kontakte und Freunde, die ihr bei und durch ihre Arbeit begegneten.
Im darauffolgenden Kapitel widme ich mich ausführlich der „Frauen-Zeitung“, die Louise Otto-Peters ins Leben rief. Hier arbeitete sie nicht nur als Journalistin, sondern vor allem als verantwortliche Redakteurin. Diese Zeitschrift wird detailliert vorgestellt und erörtert: In welchem Zeitraum erschien sie? Wer arbeitete mit Otto-Peters an diesem Projekt? Darüber hinaus schildere ich Probleme, die sie aufgrund und während der Herausgabe dieser Zeitschrift bekam (Hausdurchsuchungen, polizeiliche Verhöre, sächsisches Pressegesetz von 1851) und untersuche einige von ihr verfasste Artikel hinsichtlich der Themenauswahl und Sprache.
Das fünfte Kapitel enthält Informationen über zwei weitere Presseorgane, an denen sie einen wichtigen Anteil hatte. Zum einen die „Mitteldeutsche Volkszeitung“, die unter der Leitung ihres Ehemannes August Peters stand, und die „Neuen Bahnen“, das Vereinsorgan des 1865 gegründeten „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“. Bei letzterem war sie wiederum als Redakteurin tätig, verfasste dazu aber viele Beiträge, die dort veröffentlich wurden. Am Ende des Kapitels werden ausgewählte Artikel in der gleichen Herangehensweise wie in Kapitel vier besprochen.
Das letzte Kapitel widmet sich den journalistischen Arbeiten Otto-Peters in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Zu Beginn gebe ich eine Übersicht über ihre umfassende Arbeit, bevor ich in gewohnter Weise bestimmte Artikel bespreche. In diesem Abschnitt werden ihre Artikel in zwei Zeitabschnitte gegliedert: vor und während der Revolution von 1848/49 und die Zeit danach bis zu ihrem Tod. Eine Gegenüberstellung dieser Beiträge bildet den Abschluss dieser Arbeit.
Am Ende der Arbeit habe ich einen Anhang hinzugefügt, der eine Übersicht über alle bekannten Zeitschriften/ Zeitungen geben soll, in denen sich Beiträge von Louise Otto-Peters befinden.
4. Die „Frauen-Zeitung“ von Louise Otto-Peters
4.1 Erscheinungsdatum und Programm
Am Samstag, den 21. April 1849, erschien die erste Ausgabe (ausgegeben als Probenummer) der „Frauen-Zeitung“ unter dem Motto: „Dem Reich der Freiheit werb` ich Bürgerinnen!“ Sie erschien bis Juli 1853 wöchentlich jeden Samstag und kostete fünf Reichsgroschen.
Anna Stadelmann weist in ihrem Aufsatz aus dem Jahr 2010 darauf hin, wie unbekannt Otto-Peters Frauenzeitung nach wie vor ist. In der Forschungsliteratur zur Frauenbewegung 1848 wird diese Zeitschrift zwar fast durchgehend erwähnt, jedoch selten näher erörtert. Eine Ausnahme bildet die Publikation Dem Reich der Freiheit werb` ich Bürgerinnen“ Die Frauen-Zeitung von Louise Otto, herausgegeben und kommentiert von Ute Gerhard, Elisabeth Hannover-Drück und Romina Schmitter. Dort sind alle Ausgaben der Zeitschrift vom 21. April 1849 bis zum 31. Dezember 1850 mit allen Artikeln editiert. Jedoch findet auch hier keine Analyse der einzelnen Beiträge und ihrer Verfasser/- innen statt.
Als die erste Nummer der „Frauen-Zeitung“ herauskam, war die Konterrevolution schon auf dem Vormarsch. Die Begeisterung, die noch im März 1848 in den deutschen Staaten herrschte, wurde von den restaurativen Kräften nach und nach beseitigt. In Sachsen wurde die Revolution erst 1850 mit der Niederschlagung des Dresdner Aufstands im Mai besiegt.
In ihrer ersten Ausgabe der „Frauen-Zeitung“ beschrieb Louise Otto-Peters in dem von ihr verfassten Programm Intention und Ziele, die sie mit der Herausgabe ihrer Zeitschrift verfolgte :
Louise Otto-Peters mahnt die Frauen, sich in der revolutionären Zeit für ihre Forderungen einzusetzen, um am Ende bei den möglichen Errungenschaften nicht leer auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt war die Revolution noch nicht endgültig besiegt und man erkennt die Hoffnungen, die Otto-Peters noch in diese setzte:
Die Geschichte der Zeiten, und die heutige ganz besonders, lehrt: daß diejenigen auch vergessen wurden, welche an sich selbst zu denken vergaßen!
Dieser selbe Erfahrungssatz ist es, welcher mich zur Herausgabe einer Frauen-Zeitung veranlasst. Mitten in den großen Umwälzungen, in denen wir uns Alle befinden, werden sich die Frauen vergessen sehen, wenn sie selbst an sich zu denken vergessen!
Wohl auf denn, meine Schwestern, vereinigt Euch mit mir, damit wir nicht zurückbleiben, wo Alle und Alles um uns und neben uns vorwärts drängt und kämpft.
Sie fordert die Mündigkeit der Frauen und die Freiheiten, für die in der Revolution gekämpft wurden, auch für die Frauen:
Wir wollen auch unser Theil fordern und verdienen an der großen Welt-Erlösung, welche der ganzen Menschheit, deren eine Hälfte wir sind, endlich werden muß.
Wir wollen unser Theil fordern: das Recht, das Rein-Menschliche in uns in freier Entwickelung aller unserer Kräfte auszubilden, und das Recht der Mündigkeit und Selbstständigkeit im Staat.
Des Weiteren ruft sie die Frauen dazu auf, sich für diese Ziele der Revolution einzusetzen. Sie sollen diese soweit verbreiten, wie ihnen alleine möglich ist. Sehr wichtig ist ihr dabei die Erziehung der Kinder:
Wir wollen unser Theil verdienen: wir wollen unsere Kräfte aufbieten, das Werk der Welt-Erlösung zu fördern, zunächst dadurch, daß wir den großen Gedanken der Zukunft: Freiheit und Humanität (was im Grunde zwei gleichbedeutende Worte sind) auszubreiten suchen in allen Kreisen, welche uns zugänglich sind, in den weiteren des größeren Lebens durch die Presse, in den engeren der Familie durch Beispiel, Belehrung und Erziehung.
Sehr wichtig ist ihr die Zusammenarbeit. Schon zu diesem Zeitpunkt sieht sie die Lösung im Zusammenschluss der Frauen. Otto-Peters ruft die Frauen dazu auf, mit ihr an dieser Zeitschrift zu arbeiten, sie zu unterstützen:
Wir wollen unser Theil aber auch dadurch verdienen, daß wir nicht vereinzelt streben nur Jede für sich, sondern vielmehr Jede für Alle, und daß wir vor Allem Derer zumeist uns annehmen, welche in Armuth, Elend und Unwissenheit vergessen und vernachlässigt schmachten.
Wohl auf, meine Schwestern, helft mir zu diesem Werke! Helft mir für die hier angedeuteten Ideen zunächst durch diese Zeitung zu wirken!
Von vornherein stellt Louise Otto-Peters klar, dass sie (und dadurch die „Frauen-Zeitung“) unter Emanzipation der Frau nicht die Angleichung der Frauen an die Männer versteht. Sie fordert die Mündigkeit und Freiheit der Frauen, im Gegensatz zu Louise Aston. Diese wurde unter anderem dadurch berühmt, dass sie sich in Hosen bekleidet, Zigarre rauchend, unter Männer gesellte.
[…] ich berufe mich auf mein Leben, auf mein schriftstellerisches Wirken seit 1843 - wer etwas davon kennt, wird wissen, daß ich nicht zu den sogenannten ‚Emancipirten’ gehöre, zu denen, welche das Wort ‚Frauen-Emancipation’ in Mißcredit gebracht haben, indem sie das Weib zur Carricatur des Mannes herabwürdigten. Man wird also weder mich, noch meine mitarbeitenden Schwestern zu diesen ‚Emancipirten’ werfen können […]
Am Ende appelliert Otto-Peters noch einmal an die Frauen, sich ihr anzuschließen und sich durch Beiträge in die Öffentlichkeit zu trauen. Für sie ist es nicht wichtig, ob es sich bei den aktiven Frauen um Schriftstellerinnen handelt oder Anfängerinnen. Otto-Peters erkennt die Notwendigkeit, dass die herrschenden Missstände veröffentlicht werden müssen, um in das Bewusstsein der Menschen zu gelangen. Nur wenn die Zustände bekannt werden, kann etwas dagegen unternommen werden:
So fordere ich denn hiermit alle gleichgesinnte Schriftstellerinnen und Schriftsteller, welche für die Rechte der Frauen in den Schranken traten, auf, mich bei diesem Unternehmen durch Beiträge zu unterstützen. Ich bitte auch diejenigen meiner Schwestern, die nicht Schriftstellerinnen sind, um Mittheilungen, zunächst die Bedrückten, die armen Arbeiterinnen, auch wenn sie sich nicht geschickt zum stilisirten Schreiben fühlen; […] aber es liegt mir daran, daß gerade ihre Angelegenheiten vor die Oeffentlichkeit kommen, so kann ihnen am ersten geholfen werden.