aus einer Novelle zum Thema "Internet-Sex" (2013)

Bernd Hauser, 36 Jahre alt, Teilzeitmusiklehrer, Single aus Überzeugung. Ein bisschen kleiner als ein Meter achtzig, durchschnittliches Gewicht, kaum muskulös.

Erstellt von aha_vienna vor 9 Jahren

Drei Tage Bart, manchmal auch mehr. Wohnhaft in einem schäbigen Haus in einer unschönen Gegend in einer vernachlässigten Wohnung. Die Möbel abgenutzt, der Kühlschrank nur mit dem Nötigsten gefüllt, die Fenster meist abgedunkelt. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann er zuletzt sein Bett neu bezogen, die Böden gesaugt oder die kleine Kochnische, das Bad und die Toilette geputzt hatte. Nahrung bezog er an der Wursttheke des Supermarkts um die Ecke oder beim Imbissstand zwei Straßen weiter. Fremde Menschen waren schon lange nicht mehr in seiner Bleibe gewesen, in der sich ein muffiger Geruch breit gemacht hatte. Auf der Toilette gesellte sich eine stechende Note dazu. Freundschaften zu pflegen hielt Hauser für entbehrlich, da sie außer Verpflichtungen nichts für ihn bereithielten. Seine Kleidung bestand aus dem Notwenigsten, denn er verließ seinen Bau nur, wenn es absolut zwingend war. Die einzige aufgeräumte und saubere Ausnahme in seinem heruntergekommenen Leben bildete der, etwa zwei Meter breite, schwarze Schreibtisch mit einem Computer, den er nicht nur stets auf dem neuesten Stand der Technik hielt, sondern auch täglich sorgsam reinigte. Zum Tagesritual gehörten das Putzen der beiden großen Monitore und das Ausklopfen der Tastatur, in der sich jede Nacht kleine Partikel Zigarettenasche und Kopfschuppen ansammelten. Für das gründliche Säubern der Tasten verwendete Hauser Wattestäbchen. Jeden Morgen legte er ein neues Päckchen Taschentücher und Zigaretten auf den Tisch und stellte den geleerten Aschenbecher daneben. So war er mit allem versorgt, was er den Rest des Tages über benötigte.

Der Zeitunterschied zu Russland beträgt, abhängig von der geografischen Länge, zwei bis acht Stunden. Das recherchierte Hauser zuerst. Über die Jahre hatte der sexuelle Hunger seiner Jugend nachgelassen, bis es ihm schließlich zu mühsam war, Frauen kennen zu lernen oder Beziehungen zu führen. Der letzte Versuch einer Partnerschaft lag gut drei Jahre zurück. Seither schätzte er die Vorzüge des Internet, durch das er seine Bedürfnisse, die in keiner Weise ausgefallen, abartig oder gar pervers waren, vollkommen befriedigen konnte. Pornoseiten gab es überall auf der Datenautobahn, die in Newsgroups geposteten Filme konnte er unentgeltlich downloaden. Mit den Monaten verfeinerten sich seine Kenntnisse zum Aufspüren von einschlägigem Material. Bernd bevorzugte es, sich in den unterschiedlichsten Chaträumen aufzuhalten und Frauen zuzusehen, die sich freiwillig und kostenfrei zur Schau stellten. An heterosexuellen Akten oder gar Männern war Bernd nicht interessiert. Allerdings stieß auch dieser Reiz schnell an seine Grenzen. Zu selten und zeitlich unkalkulierbar zeigten sich die Damen, die zudem meist ältere Semester und für ihn optisch nicht besonders ansprechend waren. Sie hatten es einfach nötig, dachte er, sonst hätten sie keinen Kick in ihrer bedauernswerten Existenz. Virtuelle Schönheiten die Hauser reizten gab es genug, doch sie verlangten nach Kreditkarten oder virtueller Währung, die bei den Sexseitenbetreibern gekauft werden konnte. Doch er hatte ein Prinzip: Für Sex bezahlte er nie! Weder im realen Leben, noch im

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