"Auschwitz-Überlebender kritisiert Politik Israels" (Lokalredaktion Westfalen-Blatt, Bielefeld - 22.05.13)

Erstellt von Scarlett.Ohara vor 9 Jahren
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Er weiß, dass er aneckt. Und er weiß, dass viele Juden sich von ihm provoziert fühlen: Dennoch: Hajo G. Meyer, Auschwitz-Überlebender, kritisiert die heutige Politik Israels auf das Heftigste.


Meyer, in Bielefeld geboren, hat in der Capella Hospitalis einen Vortrag über »Judentum, Zionismus, Antizionismus und Antisemitismus« gehalten. Und der 88-Jährige hielt sich nicht zurück in seinem Urteil über die heutigen Zustände in Israel. Er verglich die »Entmenschlichung« der Juden im damaligen Deutschland mit der der Palästinenser im heutigenIsrael. »Die meisten Palästinenser haben es schlechter als ich früher. Es gibt keine Medizin und kein sauberes Wasser. Ich finde es unglaublich, dass die Welt das zulässt«, sagt der Physiker und Autor. Bereits mit seinem letzten Buch »Das Ende des Judentums« sorgte er 2006 für großes Aufsehen. Er sei judenfeindlich, meinte damals der Publizist Henryk M. Broder. Der Streit landete schließlich vor Gericht. Bevor Hajo G. Meyer als 14-Jähriger 1938 in die Niederlande floh, besuchte er das Ratsgymnasium in Bielefeld und kann nichts Schlechtes über die Schule oder die Lehrer sagen. »Egal wie groß das Hakenkreuz an der Kleidung meiner Lehrer auch war, ich wurde nie anders behandelt als die anderen Schüler. Sie waren Pädagogen und keine Nazis«, meint er. Der Sohn eines erfolgreichen Anwaltes und einer Krankenschwester sei immer gut integriert gewesen. Die Tatsache, dass er Jude war, habe ihn zu dieser Zeit nie negativ begleitet. Er ging alleine nach Amsterdam, seine Eltern blieben in Bielefeld. In den Niederlanden legte er sein »jüdisches Abitur« an einer jüdischen Schule ab, erst im Jahr 1944 tauchte er ab. Er versteckte sich in einem Wochenendhaus seiner Pflegeeltern, bis er beim Holzholen im Garten entdeckt und mitgenommen wurde. Zehn Monate verbrachte er dann bis zur Befreiung in Auschwitz. Meyer kritisiert die israelische Politik dafür, dass sie die jahrhundertlange Geschichte der Diskriminierung der Juden zu ihrem Vorteil missbrauche. »Die Israelis denken, nur weil ihr Volk so schlecht behandelt wurde, dürfen sie sich nun so viel heraus nehmen. Israel ist längst zum Täter geworden«, meint der 88-Jährige. Der Autor besuchte auch seine ehemalige Schule. Er lebt heute zusammen mit seiner Frau Christiane Tilanus in der Nähe von Amsterdam.

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