Ausschnitt aus einer Hausarbeit in Deutsche Philologie (Germanistik) zur Kunst August Stramms mit Analyse eines Gedichts (Note: 1,0)

Vorwort

In dieser Arbeit soll ein Dichter des Expressionismus1, August Stramm, näher betrachtet werden. Da jede Zeit in einem Zusammenhang mit vorherigen Zeiten steht und da jeder Dichter einerseits ein Kind seiner Zeit ist und zugleich mit Anlagen auf die Welt kommt, die sein individuelles Schaffen einzigartig machen, setzt sich diese Arbeit aus drei Teilen zusammen:

Erstellt von dergestalt vor 9 Jahren

Die Einleitung soll den Leser zu dieser Zeit hinführen, gleichzeitig enthält sie bereits im Keim das, was in der Zeit zum Thema wird: Das Problem des Objekts und Verstandes in der Dichtung gegenüber dem Erlebnis und Gefühl. In einem zweiten Teil werden Stimmen aus der Zeit mit ihren Forderungen laut: Wir bewegen uns von Worringers theoretischer Schrift über Kandinskys Kunstauffassung zu Herwarth Walden und dem Sturm. Ihre Art bestimmte Voraussetzungen zu negieren, klärt uns darüber auf, von welchen Ketten sich die Kunst befreien musste. Um zu positiven Anweisungen zur Kunstgestaltung zu ge-langen, wenden wir uns daraufhin Schreyer und Marinetti zu, die beide mit dem Sturm zu tun hatten. Nachdem ein Fundament aus Forderungen und Anweisungen aus jener Zeit geschaffen worden ist, lernen wir in einem dritten Teil Stramms Kunstsicht und die Umstände unter denen er schöpfte2 aus seinen Briefen kennen. Im selben Rahmen betrachten wir in Kürze formale Mittel, derer Stramm sich häufig bedient, um die erwünschte Wirkung zu erreichen. Und schließlich analysieren wir das Gedicht Gefallen. Ein Schlusswort fasst die Ergebnisse zusammen.

Einleitung

Wie überführt man ein Erlebnis in Schriftform? In der „klassischen“3 Dichtkunst soll zweier-lei erhalten bleiben: Die Verbindlichkeit des Wortes, damit ein Leser die Situation des Ge-dichtes verstehen kann und die Vermittlung des Gefühls, das beim Leser hervorgerufen werden soll. Die Antike tradierte dem Dichter eine Reihe symbolischer Formen – die Götter. Diese wurden von Dichtern mit Worten geehrt und besungen. Gleichzeitig erhielten die Worte von den Göttern her ihre Rechtfertigung, da sie letzte Bezugspunkte der Worte waren und den unter ihren Namen geschilderten Ereignissen und Empfindungen einen Zusammenhang über die kosmischen Kräfte und Wirkungen gaben, die sie repräsentierten. Die Götter fungierten, so gesehen, als Objektivierungen menschlicher Grunderfahrungen und -empfindungen. Doch sie stammten aus fernen Zeiten und wollte man sich ihrer bedienen, so musste eine Ver-bindung zwischen dem Jetzt und dem Damals geschaffen werden, wollte man sie nicht etwa einfach als bedeutungslose aber bedeutsamkeitssichernde Etiketten verwenden.4 Bei Hölderlin führte dieses Synthesebestreben zu großartigen Elegien, in denen ein Verlust betrauert wurde – der Verlust des für die Natur gleichermaßen empfänglichen und zu deren Feier bereiten Mit-menschen5. Zugleich führte seine eigene Empfänglichkeit für Bewundernswertes in Natur und Zeichenhaftes in Schriften dazu, dass oft Hoffnung aus der Trauer entstand, die sie erträglich machte und ihr einen Sinn verlieh6. Zur selben Zeit sehnte sich Friedrich von Hardenberg in seinem Heinrich von Ofterdingen danach, dass das Primat der objektiven Erkenntnis der Welt ende und „nicht mehr Zahlen und Figuren (…) Schlüssel aller Kreaturen“7 seien. Beide drängte es somit in „das Offene“8 der Dichtkunst, in das Überwältigende des Erlebnisses. Die vermeintliche Naivität der Dichter, die „glauben (…), daß wer im Grase oder an einsamen Gehängen liegend die Ohren spitze, etwas von den Dingen erfahre, die zwischen Himmel und Erde sind“9 wurde von Nietzsches Zarathustra dann kritisiert. Was der Dichter so erfährt, ist nicht Wahrheit im philosophischen Sinne. Dass „die Dichter lügen“10, steht damit allerdings auch nicht fest. Es kommt ganz darauf an, was der Dichter mit seinem Werk erreichen will. Und hierzu liefert uns Nietzsche einen Schlüssel: „Ist denn mein Erleben von gestern? Das ist lange her, daß ich die Gründe meiner Meinungen erlebte.“11 Meinungen entstehen im Erleben. Und fehlt das Erlebnis, so können sie nicht (auf)richtig nachvollzogen werden. Denn im Gegensatz zum Wissen gehört bei ihnen das Erlebnis zum Sein. Auch die Dichtkunst kann keine Wissensvermittlerin sein, denn dann bedürfte sie ihrer äußeren Gestalt nicht. Und sie ist auf das Erlebnis gerichtet, denn es geht nicht (zumindest allein) um ein bestimmtes Bild oder Ereignis, sondern um die Bewegung, die sich dabei im Innern des Dichters vollzieht und die dieser mitteilbar machen will. Nietzsche kritisierte die Dichter darin, dass sie den Dingen Eigenschaften zusprächen, die sie nicht hätten. Seine Kritik wurde zur Tat: Wenn das Erleben wahr, aber den Dingen nicht immanent ist, an denen das Erlebnis sich vollzieht, so sollen die Dinge aus der Dichtkunst verschwinden. Dieses Schwinden aller Objekte in der Dichtung ging so weit, bis die Eigenschaften des Wortes für den Dichter im Dadaismus nur noch zu Rhythmus und Klang wurden. So weit gehen wir nicht. Wir erleben mit Stramm eine Zeit nach, in der der Bezug zu Objekten in der Kunst stark gelockert worden ist.

Vom Kunstwollen zum Kunstsollen

In einer Zeit, in der der Naturalismus dazu geführt hatte, dass eine möglichst wirklichkeits-nahe Wiedergabe eines Milieus angestrebt wurde, stellte sich die Frage, ob es der Kunst einzig darum gehen könne die Natur nachzuahmen. Diese Frage zu klären, schrieb u.a. Wor-ringer seine Dissertation Einfühlung und Abstraktion12. Mit Bezug auf Riegl führte er in diesem Werk den Terminus Kunstwollen13 ein, der jeder künstlerischen Tätigkeit zugrunde liege, unabhängig vom Objekt der Zuwendung. Er schied streng die Ästhetik des Natur-schönen von der Ästhetik des Kunstschönen und stellte damit das Kunstwerk gleichwertig neben die Werke der Natur14. Seine Begründung war es, dass im Kunsterzeugnis psycho-logische Bedürfnisse befriedigt würden15, die mit einer einfachen Nachahmung eines natür-lichen Gegenstands nicht befriedigt werden könnten. Diese Bedürfnisse fasste er unter dem Begriff des Weltgefühls16 zusammen. Er stellte zwei einander polar entgegengesetzte Äußer-ungen des ästhetischen Empfindens auf: den Einfühlungsdrang und den Abstraktionsdrang17. Diesen ordnete er die Begriffe des Naturalismus18 und des Stils19 zu. Ohne dabei eine Natur-nachahmung zu sein, strebt der Einfühlungsdrang an, „das Verwandt-Organische“ „(…) mit seinem inneren Vitalgefühl“20 zu füllen. Der Abstraktionsdrang dient dazu, Naturgegenstände oder Zustände des Menschen aus dem Zusammenhang herauszulösen und somit zu ver-ewigen.21 Damit erklärt sich, warum für Worringer der Abstraktionsdrang einen Drang dar-stellt, Dinge auf eine „Form“22 zu bringen. Es ist mit diesen Ausführungen soviel gewonnen: Es geht der Kunst nicht um Wiedergabe dessen, was auch so in der Natur genossen werden kann, sondern sie muss in ihren Äußerungen solchen psychologischen Bedürfnissen des Menschen entsprechen, die in einer Naturbetrachtung allein nicht befriedigt werden. Solche psychologischen Bedürfnisse sind es letztlich auch, die das Kunstwollen in Gang setzen. Zu solchen Überlegungen wurde auch Kandinsky angeregt, nachdem er Monets Heuhaufen er-blickt und Wagners Lohengrin gehört hatte23. Er hatte festgestellt, dass trotz verschwimmen-den Objekts das Bild sich ins Gedächtnis einprägte. Auch hatte sich für ihn gezeigt, dass die Kräfte, die die Musik entfaltet, nicht aus der Natur geschöpft sind, sondern von ihren eigenen Gesetzen herrühren. Diese Einblicke in die Kunst führten bei ihm zu der Auffassung, „daß Natur und Kunst zwei autonome Reiche sind, deren jedes eigene Gesetzlichkeit besitzt“24 und entsprechend, „daß die Ziele (also auch die Mittel) der Natur und der Kunst wesentlich, organisch und weltgeschichtlich verschieden sind (…)“25 So gelangte er schließlich zu der „Forderung des inneren Lebens im Werke.“26 In seinem Schaffen begegnete Kandinsky einem Mann namens Herwarth Walden, der der Besitzer des Verlags Sturm war. Dieser eröffnete im Jahr 1912 eine Reihe von Kunstausstellungen in Berlin mit den Arbeiten des Blauen Reiters, dessen Mitglied und Mitgründer Kandinsky war. Herwarth Waldens Verlag vertrat Künstler, die – seinem Kunstempfinden gemäß – ihrer Zeit voraus waren und erst später anerkannt wurden. Und er vertrat sie in einer Zeit, in der die Presse und die Kunstkritiker auf neuartige Erscheinungen auf skrupellose Weise reagierten27, wenn ihnen Maßstäbe aus der Kunst-geschichte fehlten, ein Werk zu beurteilen. Er vertrat diese Künstler von Grund auf und ließ es nicht an wortgewandten und polemischen Beiträgen im Sturm gegen die Kritiker fehlen28. Auch er hatte ähnliche Ansichten, wie sie von Worringer geäußert und Kandinsky allmählich bewusst geworden waren. Für ihn ist Kunst nicht dazu da, die Natur nachzuahmen29,30. Die Natur ist vielmehr als ein Mittel zu verstehen, dessen sich der Maler31 bedient, um „was er schaut, mit seinen innersten Sinnen“ zu gestalten und er ist in dieser Hinsicht nur an sein Material Farbe gebunden32. Es geht in der Kunst um die „Expression“ des „Wesens“33 des Künstlers, um die Vermittlung von „allgemein Menschlichem“34. Fest steht, dass die Nach-ahmung nur der Vermittlung einer inneren Sicht auf die Dinge und Ereignisse dient und nicht einer exakten Wiedergabe. Das entspricht ganz der zum Sprichwort gewordenen Äußerung Waldens: „Kunst ist Gabe und nicht Wiedergabe.“35 Was aber ist Wiedergabe? Auch dazu äußert sich Walden, indem er die Kritiker dessen bezichtigt, dass sie sich „an Begriffe“ klammerten und damit das eigentliche „Erlebnis“36 des Kunstwerks nicht zuließen. Kunst-kritiker, so Walden, beschäftigen sich viel zu sehr mit dem „Vergleich“, sodass sie Neues gar nicht kennenlernen können, weil es auf sie immer nur in Vermittlung ihrer erlernten Begriffe wirkt. Vergleich und Denken machen es dem Betrachter unmöglich, etwas zu fühlen und da-mit zu erleben37. „Die Menschen sammeln Erfahrungen, meistens nicht einmal die eigenen“38 und darum sind sie als Betrachter voreingenommen, wenn sie von diesen Erfahrungen her, ein neues Kunstwerk gedanklich erfassen wollen. Denn jedes Kunstwerk ist eine neue Expression und damit selbst eine neue Erfahrung, die für sich gemacht werden will. Zusammenfassend lassen sich zwei wesentliche Punkte nennen:

  1. Ziel der Kunst ist Expression des allgemein Menschlichen durch den Künstler, und die Nachahmung der Natur ist diesem Zweck untergeordnet (also nicht verpflichtend).

  2. Das Kunstwerk soll erlebt und nicht durch Vergleich mit bisher gemachten Erfahrungen beurteilt werden, es will eine eigenständige Erfahrung sein.

Will man es dem Betrachter eines Kunstwerks unmöglich machen, seine erlernten Begriffe auf neuartige Kunstwerke anzuwenden, so lassen sich aus (1) und (2) radikale Schlüsse ziehen, die den Betrachter zu einer Betrachtung zwingen, die von anderen Werken der Kunst und der Natur unabhängig ist. Diese Schlüsse lassen sich folgendermaßen darstellen:

(1’) Es ist auf die Nachahmung von Naturgegenständen überhaupt zu verzichten.

(2’) Es ist darauf zu verzichten, dass das Kunstwerk durch Denken und Vergleich er-schlossen wird.

[…]

Analyse und Interpretation von ‚Gefallen’39

Formale Analyse: Das Gedicht besteht aus neun Zeilen. Die längste Zeile ist die erste Zeile mit drei Hebungen und einem hyperkatalektischen Schluss, sofern der Jambus als Vermaß vorausgesetzt wird (die zweite Zeile ist genauso lang, schließt jedoch akatalektisch). Die kürzesten Zeilen sind Zeile fünf und acht und bestehen je aus nur einer Hebung. Von der klanglichen Seite her gesehen gibt es drei hervorhebenswerte Assonanzen: flaumt – Auge – Frauenklage, Hand – Haar und Lüfte – Schnüren, sowie eine Alliteration: Schnüren – strähne. In den ersten beiden Zeilen herrscht das Subjekt-Prädikat-Objekt-Schema40 vor. In der dritten werden Subjekt und Prädikat in ‚Lüfte sumsen’ genannt, aber das Objekt fehlt. Das ‚Weinen’ in der nächsten Zeile lässt sich als Objekt verstehen. ‚Und’ bildet die einzige Konjunktion des Gedichts. ‚Schnüren’ lässt sich wieder auf die Lüfte beziehen, sodass sich ergibt: „Die Lüfte sumsen Weinen“ und „Die Lüfte schnüren Frauenklage“41. In der nächsten Zeile findet sich die einzige Präposition des Gedichts und in der letzten – das letzte Objekt (eine Direktiv-ergänzung), das als einziges mit einem Stammadjektiv näher bestimmt ist. Es gibt also drei grammatische Subjekte. Die ersten beiden finden sich in den ersten beiden Zeilen und folgen dem einfachen S-P-O-Schema. Das dritte nimmt mit zwei Prädikaten und drei Objekten (eine Direktivergänzung darunter) den Rest des Gedichts ein. Entsprechend lässt sich das Gedicht in drei Teile gliedern und alles, was vom starren Anfangsschema abweicht, findet darin Platz: eigenwillige Zeilenumbrüche, eine Konjunktion, eine Präposition und ein Stammadjektiv. Dem visuellen Eindruck nach gliedert sich das Gedicht ebenfalls in drei Teile, die sich jedoch von der grammatischen Einteilung unterscheiden. In diesem Falle befinden sich alle Subjekte im ersten Teil, „Weinen/ Und/ Schnüren“ stehen für sich und der Rest bildet den dritten Teil.42 Eine Sonderrolle nimmt „Frauenklage“ ein, da es ohne Artikel dasteht, wohingegen alle anderen Substantive mit bestimmtem Artikel auftreten. Bei „flaumt“ handelt es sich um eine verbale Ableitung von „Flaum“ und „sumsen“ ist eine Nebenform zu „summen“. Den Titel des Gedichts bildet ein losgelöstes Partizip Perfekt – der Rest des Gedichts steht im Präsens.

[…]

Schlusswort

Über Novalis’ Wunsch nach einer neuen, gefühlsvolleren Erkenntnis des Seienden, jenseits aller metaphysischer Begriffe und Nietzsches Dichterkritik kamen wir zu Worringer, Kandinsky und Walden, die das Wesen der Kunst nicht in der Nachahmung der Natur sahen und den Kritikern zum Trotz Neues in der Kunst schaffen wollten. Da die Kritiker sich des Vergleichs bedienten und stets Parallelen zu früheren Werken ziehen mussten, um sich an etwas in ihren Urteilen festhalten zu können, entzogen die Künstler – sicherlich zum Teil auch aus Protest – diesen Kritiker den begrifflichen Boden, indem sie immer mehr in die Abstraktion gingen. Dabei war es ihr positives Ziel „allgemein Menschliches“ zu vermitteln. In Anbetracht der Dichtkunst formulierte Schreyer die beiden wichtigen Gesetze der Konzentration und Dezentration, die im Sturm oft Verwendung gefunden hatten und Marinetti gab konkrete Anweisungen zur neuen Kunstproduktion. Besonders fruchtbar erwies sich die Analogie. Nachdem wir für Stramm ein Umfeld an Kunstforderungen aus der Zeit und Formulierungen der Kunstgesetze nach jener Zeit (durch Schreyer) geschaffen hatten, wandten wir uns seinen Briefen zu und fanden darin eine verblüffende Ähnlichkeit mit Waldens Kunstauffassung. In denselben Briefen fanden wir auch einen vom Krieg zerrüttelten Menschen, der sich zwischen Sehnsucht und Haß, Harmonie und Verzweiflung bewegt. Mit der Unterstützung von Bozzetti und Kiesel fassten wir die wesentlichen Eigenheiten Stramm’scher Dichtung zusammen, fügten noch im weiteren Verlauf zwei eigens erdachte Termini hinzu und analysierten schließlich das Gedicht ‚Gefallen’. Das Gedicht interpretierten wir als das Erlebnis eines sterbenden Soldaten, dessen innerer Zustand sich zusehends der Welt bemächtigt und sie kraft seiner Sehnsucht und Trauer verklärt.

[…]

Literaturverzeichnis

Primärliteratur:

  • Stramm, August: Das Werk. Hrsg. von Radrizzani, René. Eschwege: Limes Verlag, 1963.

  • Stramm, August: Dein Lächeln weint. Gesammelte Gedichte. Mit einer Einleitung von Inge Stramm. Wiesbaden: Limes Verlag, 1956.

  • Stramm, August: Fünfundzwanzig Briefe an seine Frau. Hrsg. von Jordan, Lothar. In: Stramm, August: Kritische Essays und unveröffentlichtes Quellenmaterial aus dem Nachlaß des Dichters. Hrsg. von Adler, Jeremy D; White, John J.. Eschwege: Erich Schmidt Verlag, 1979, S.128-152

  • Stramm, August: Die Briefe aus dem Krieg. 1914/1915. In: August Stramm. Alles ist Gedicht. Hrsg. von Adler, Jeremy. Zürich: Arche, 1990, S.9-62.

Sekundärliteratur:

  • Adler Jeremy: „Kämpfen, Wirren, Stürmen“. Bemerkungen zu Stramms Biographie im Kriege und zur Entstehung seiner Werke. In: Jordan, Lothar (Hrsg.): August Stramm. Beiträge zu Leben, Werk und Wirkung. Bielefeld: Aisthesis Verlag, 1995. S.7-44.

  • Adler, Jeremy: „Alles ist Gedicht“ oder Kunst und Krieg. Die Briefe von August Stramm an Nell und Herwarth Walden. In: August Stramm. Alles ist Gedicht. Hrsg. von Adler, Jeremy. Zürich: Arche, 1990, S.63-91.

  • Bozzetti, Elmar: Untersuchungen zu Lyrik und Drama August Stramms Diss. Köln, 1961.

  • Brinkmann, Richard: Expressionismus. Forschungs-Probleme 1952-1960. Stuttgart: Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1960.

  • Brinkmann, Richard: Zur Wortkunst des Sturmkreises: Anmerkungen über Möglichkeiten und Grenzen abstrakter Dichtung. In: Unterscheidung und Bewahrung: Festschrift für Hermann Kunisch. Berlin: de Gruyter, 1961, S.63-78.

  • Brokoff, Jürgen: Geschichte der modernen Poesie. Göttingen: Wallstein, 2010.

[...]

1 Unter Expressionismus soll hier nichts weiter verstanden werden, als die Zeit von 1910-1920. Dass der Begriff selbst problematisch ist, da er uneinheitliche Phänomene nur dem äußeren Schein nach vereint, lässt sich bei Brinkmann (1960) nachvollziehen und soll hier nicht weiter thematisiert werden.

2 In der Zeit, aus der die Briefe stammten, schrieb Stramm die Gedichte des posthum veröffentlichten Zyklus’ Tropfblut und etliche Dramen. Unser Augenmerk richtet sich ausschließlich auf jene Gedichte.

3 Dieses Wort verdeutlicht die bisherige Unfähigkeit des Autors allgemeingültige Urteile zu fällen: Es wäre verkehrt zu sagen „In aller Dichtung vor dem Expressionismus“. Das liegt zum einen an der Unbestimmtheit des Ausdrucks Expressionismus selbst und der Schwierigkeit diesen zeitlich einzugrenzen, und ferner daran, dass es ähnliche Bestrebungen schon eher gegeben hatte. An dieser Stelle wären Autoren wie Mallarmé mit dessen „Un coup de dés“ oder Apollinaire mit seiner visuellen Poesie zu nennen, wie sicherlich viele weitere. Und sie wären in einer kritischen Betrachtung vom Expressionismus entweder abzugrenzen oder zu ihm hinzuzuzählen. Solche Werke fallen jedenfalls nicht in den Bereich, der hier ad hoc als „klassisch“ definiert wird und ihnen kann im Rahmen dieser Arbeit keine gebührende Beachtung geschenkt werden.

4 Kritik an solchen Dichtern übt Hölderlin in seinem Gedicht Die scheinheiligen Dichter.

5 So z.B. in Menons Klagen um Diotima oder in Brod und Wein.

6 „So will ich, ihr Himmlischen! denn auch danken, und endlich/ Atmet aus leichter Brust wieder des Sängers Gebet.“ als Wendung zum Gebet in Menons Klagen um Diotima oder: „Selige Weise sehns; ein Lächeln aus der gefangnen/ Seele leuchtet, dem Licht tauet ihr Auge noch auf.“ als Hoffnung auf Prophezeiung in Brod und Wein.

7 Vgl. Heinrich von Ofterdingen () Diese Passage zeugt von der Unzufriedenheit des lebensfrohen Menschen mit den alten Begriffen, die allein das Leben erschließen sollen.

8 Vgl. Brod und Wein: „So komm! daß wir das Offene schauen,/ Daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist.“ Hier wird der Wunsch geäußert etwas der Zeit (Hesperiens) Eigenes zu entdecken.

9 Also sprach Zarathustra …

10 ibid. …

11 ibid …

12 Worringer (1959)

13 Vgl. Riegl (1893, VI.) und Vgl. Worringer (1959, 42)

14 Vgl. Worringer (1959, 35)

15 Vgl. Worringer (1959, 45)

16 Vgl. Worringer (1959, 46)

17 Vgl. Worringer (1959, 36)

18 Nicht zu verwechseln mit der Kunstform des Naturalismus. Vgl. Worringer (1959, 47)

19 Vgl. Worringer (1959, 69)

20 Vgl. Worringer (1959, 68)

21 Vgl. Worringer (1959, 73)

22 Vgl. Worringer (1959, 57)

23 Vgl. Kandinsky (1955, 15)

24 Vgl. Kandinsky (1955, 6)

25 Vgl. Kandinsky (1955, 12)

26 Vgl. Kandinsky (1955, 31)

27 Vgl. z.B. die Äußerungen Huths zur Kunst Stramms in: Stramm (1990, 132)

28 Vgl. Stramm (1990, 131-133) und die Äußerungen Schreyers zur Verteidigung Waldens in Walden/Schreyer (1954, 120-128).

29 Vgl. Walden (1924, 37)

30 Nell Walden, Herwarths zweite Frau, hat die Zeit mit Herwarth Walden in ihrem Erinnerungsbuch an Herwarth Walden einfühlsam beschrieben und seine Person von allen Seiten beleuchtet. So heißt es „Mit Herwarth Walden zu reisen, hieß wirklich, wie auf einem futuristischen Bilde, die Gleichzeitigkeit aller Dinge zu erleben.“ und auf derselben Seite: „Mit ihm spazieren zu gehen war eine Niete.“, sowie: „Praktische Fähigkeiten hatte er überhaupt keine.“, vgl. Walden/Schreyer (1954, 22-23) Herwarth Walden hatte nicht nur in seinen Kunstschrift die Natur nicht interessiert – auch in seinem Leben interessierte sie ihn keineswegs.

31 Walden äußerte sich auch zur Dichtung. So in Das Begriffliche in der Dichtung, vgl. Anz, Stark (1982). Hierzu schreibt Brokoff: „Viele der Gedichte Stramms bestehen aus semantisch unzusammenhängenden, isolierten Wörtern und ordnen diese Wörter in separaten Verszeilen an.“, vgl. Brokoff (2010. 511-512). Diese Äußerung betrifft einen Teil der Stramm’schen Dichtung, jedoch betrachten wir in dieser Hausarbeit ein Gedicht, dass in der Isolierung der Worte noch nicht so weit fortgeschritten ist und darum bedienen wir uns auch anderer Äußerungen zu dessen Erklärung.

32 Vgl. Walden (1924, 68)

33 Vgl. Walden (1924, 69)

34 Vgl. Walden (1924, 36)

35 Vgl. Walden (1924, 96)

36 Vgl. Walden (1924, 7)

37 Auch hierzu äußert sich Worringer übereinstimmend:„Was ist aber dieser gesunde Menschenverstand anders als die Trägheit unseres Geistes, sich aus dem so kleinen und beschränkten Kreise unserer Vorstellungsbahnen herauszubegeben und die Möglichkeiten anderer Voraussetzungen anzuerkennen.“ Vgl. Worringer (1959, 44)

38 Vgl. Walden (1924, 36)

39 Vgl. DW (75)

40 Fortan: S-P-O-Schema

41 Die Eigenständigkeit von „Weinen“ und „Schnüren“ verliert durch diese Vereinfachung nicht an Bedeutung – die Vereinfachung ist nur als ein Zwischenschritt anzusehen.

42 Eine alternative grammatische Lesart, die dem optischen Eindruck näherkommt wäre die Übersetzung in: „Die Lüfte sumsen, (sie) Weinen und Schnüren Frauenklage durch das strähne Haar“. In diesem Fall hätten die Lüfte drei Prädikate.

Gefällt dir was du siehst? Teile es!

Kommentare

Registeren oder anmelden um zu kommentieren.