Beschaffungsmarkt Afrika: Kriterien für Lieferantenauswahl
Das Bruttoinlandsprodukt Afrikas, das 2015 bei über zwei Billionen US-Dollar lag, ist mittlerweile größer als das von Indien. Afrika bietet eine höhere Rendite der ausländischen Direktinvestitionen als die meisten Schwellenländer. Bei dem Aufbau von Supply Chains spielen die Auswahl der Lieferanten und der langfristige Aufbau von Beziehungen eine entscheidende Rolle.
Schenkt man den Titelgeschichten internationaler Wirtschaftsmagazine Glauben, – „Africa rising“ (The Economist, 2011), „Africa Rising“ (Time Magazine, 2012) oder „Die Löwen brechen auf“ (Spiegel, 2013) - so entwickelt sich Afrika mit seinen 54 Staaten und einer Bevölkerungszahl von über eine Milliarde Menschen zu einem ernstzunehmenden Standortanbieter in der globalen Beschaffungslandschaft. In nahezu allen Branchen führt die Dynamik der Globalisierung zu einer Verringerung der Wertschöpfungstiefe. Das weltweite Beschaffen wird aufgrund des hohen Preis-, Kosten- und Wettbewerbsdrucks zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor in Unternehmen.
Afrikas Wirtschaft wächst rasant: Südlich der Sahara lag das Wachstum 2014 nach Angaben der Weltbank bei 4,6 Prozent, in Nordafrika und dem Nahen Osten bei 2,2 Prozent. Afrikas Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf hat sich seit der Jahrtausendwende verfünffacht. Selbst die Weltwirtschaftskrise hat auf dem Kontinent kaum Spuren hinterlassen. Nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Subsahara-Afrika auch von 2016 bis 2020 um 4,9 Prozent pro Jahr zunehmen. Die deutschen Direktinvestitionen der rund 800 in Afrika aktiven Firmen stiegen nach Angaben der Deutschen Bundesbank 2014 um 13,1 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro.
Bereits vor ihrer im Oktober angetretenen Reise nach Mali, Niger und Äthiopien stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel klar, dass ohne „private Investitionen kein echter Aufschwung” möglich sei. Ein ähnlicher Tenor zeichnete sich in den Vorträgen auf dem 4. Deutsch-Afrikanischen Wirtschaftsforum NRW (23. Februar 2016, Dortmund) ab, das als wichtigste Afrika-Wirtschaftskonferenz in Deutschland gilt.
Wulf-Christian Ehrich, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund und Leiter des Bereichs Internationales, betonte unter anderem die Chancen für deutsche Unternehmen in den Bereichen Infrastruktur und Bauwirtschaft, erneuerbare Energien, Umwelttechnik und Wasserwirtschaft, Maschinen für Landwirtschaft und Ernährung, Gesundheit und Medizintechnik. Afrika sei längst nicht mehr nur das Sorgenkind der Welt, sondern ein echter Wachstumsmarkt mit einer stark wachsenden Bevölkerung und Mittelschicht.
Wer jedoch auf dem boomenden schwarzen Kontinent dauerhaft Wurzeln schlagen möchte, wird ein hohes Maß an Engagement und Eigeninitiative aufbringen müssen, um langfristig funktionierende Geschäftsbeziehungen mit lokalen Partnern aufzubauen.
Laut der 2014 publizierten Studie „Hype oder Markt? Strategien und Faktoren der deutschen Wirtschaft in Afrika“ der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Kooperation mit dem Handelsblatt Research Institute und dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft hängt der Erfolg einer Geschäftstätigkeit in Afrika maßgeblich von dem Faktor Geduld ab: „Das Geschäft der deutschen Unternehmen in Afrika ist erfolgreich – umso mehr, je länger und intensiver Sie sich vor Ort engagieren.“
Ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität sind gefragt, wenn Unternehmen einen Markteinstieg in Afrika planen. Bei der Entwicklung von international wettbewerbsfähigen Supply-Chain-Modellen stellen die vielfältigen geografischen, ökonomischen und politischen Bedingungen eine große Herausforderung dar. Die Anpassung der Geschäftstätigkeit und der Versorgungsmodelle an die jeweils landestypischen Bedingungen wird langfristig unternehmerischen Erfolg sichern.
Ein Beispiel: Seit 2011 hat Coca Cola seine Lieferketten auf dem Kontinent kontinuierlich ausgebaut – unter anderem in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, die Wasserprojekte zur Generierung von sauberem Wasser in verschiedenen Ländern betreuen. In einem Interview mit CNN am 21. Januar 2016 sprach Muhtar Kent, CEO bei Coca Cola in den USA, über das Wachstum des Unternehmens in Afrika.