Crowdfunding: Finanzierung für Start-ups

Start-ups sind hip. Start-ups vermitteln Aufbruchsstimmung. Start-ups sind online. Dies und die Finanzierung über eine Crowd bilden zur Zeit den neuesten Internet-Hype: Start-up + Crowdfunding = thenextbigthing?! Zuerst einmal sieht alles sehr einfach und einladend aus. Start-ups finanzieren sich nicht mehr (klassisch) über Bankkredite oder ähnliche Finanzierungsformen, sondern sammeln das benötigte Kapital über das Internet ein. Und zwar über viele “kleine” Privat-Investoren. Anleger, denen die Börse zu kompliziert und risikoreich erscheint, fühlen sich angezogen. Unternehmen, die die Vorteile der Schwarmfinanzierung nutzen wollen, stellen Ihr Projekt der Gemeinschaft vor. Immer schneller werden in letzter Zeit so Start-ups finanziert. Innerhalb von 15 Minuten erreichte so beispielsweise Refined Investment die Mindestsumme von 50.000 Euro. Nach insgesamt 52 Minuten war bereits das Fundinglimit von 100.000 Euro zusammengetragen.

Erstellt vor 11 Jahren
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Noch schneller ging es bei Protonet. Bei diesem Start-up konnten erstmalig in Deutschland mehr als 100.000 Euro investiert werden. Via Seedmatch wurden innerhalb von nur 48 Minuten 200.000 Euro von 216 Investoren eingesammelt. Das Prinzip Crowdfunding scheint verlockend, aber wie funktioniert es überhaupt und wo liegen die Risiken?

Start-ups, die sich über Crowfunding finanzieren wollen, sollten eine massenkompatible Geschäftsidee mitbringen. Sie sollte also zum einen das Potential haben, eine Vielzahl von Menschen zu begeistern und andererseits muss das Produkt verständlich sein und einen hohen, nachvollziehbaren Kundennutzen bringen.

Wie funktioniert Crowdfunding?

Der Prozess des Crowdfundings ist recht einfach. Das Start-up entscheidet sich im ersten Schritt für eine der Crowdfunding-Plattformen, die es in Deutschland bereits gibt. Zu den bekanntesten zählen Seedmatch, Bergfürst oder Companisto. Die Plattformen haben sich zum Teil auf bestimmte Branchen spezialisiert und unterscheiden sich auch in der Höhe des Mindestbeitrags, der Beteiligungsdauer und den anfallenden Kosten. Nach der Kontaktaufnahme durch das Start-up prüft die Crowdfunding-Plattform detailliert dessen Unterlagen. Dabei kann eine Executive Summary, ein Businessplan oder ein kurze Präsentation gefordert sein. Im Fokus steht bei der Prüfung natürlich das Geschäftsmodell und die Finanzzahlen. Auf der Grundlage dieser Angaben nimmt der Betreiber der Plattform die Unternehmensbewertung vor.
War die Prüfung der Unterlagen erfolgreich, wird das Start-up mit einem Profil auf der Plattform vorgestellt. In der Regel ist ein Video mit der Geschäftsidee, eine kurze Beschreibung oder sogar der gesamte Businessplan hier zu finden. Potentielle Investoren sollen sich so ein möglichst detailliertes Bild über das jeweilige Unternehmen machen können.

Anschließend startet das Funding. Die Anbieter (Crowdfunding) haben dabei unterschiedlich lange Zeiträume vorgesehen, in denen die Start-ups bei Investoren Geld einsammeln können. Diese Zeit sollten Start-ups intensiv nutzen um ihr bereits vorhandenes Netzwerk einzuladen, sich das Projekt anzuschauen und zu investieren. Ebenso sollten die Sozialen Netzwerke genutzt werden, um die Bekanntheit des Unternehmens zu steigern und so weitere potentielle Investoren schon während der Gründungsphase zu überzeugen. Es gilt also kräftig die Werbetrommel in eigener Sache zu rühren.

Die Fundingphase endet, wenn  entweder die benötigte Finanzierung bzw. die Finanzierungshöchstgrenze erreicht wurde – oder wenn die zeitliche Befristung abgelaufen ist. Kommt in der vorgegeben Zeit die benötigte Summe nicht zusammen, bekommen die Investoren ihr Geld zurück. Es gilt also das Alles-oder-nichts-Prinzip. Wurde das Ziel erreicht, erhalten die Start-ups anschließend das gesammelte Geld. Für die Vermittlung fällt eine Provision von in der Regel fünf bis zehn Prozent der Fundingsumme an. Entsprechend dem mit der Plattform abgeschlossenen Vertrag erhalten die Investoren ihre Beteiligungen. Viele Crowdfunding-Anbieter fordern zudem regelmäßige Status-Berichte zur wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens.

Crowdfunding bewegt sich in Deutschland meist zwischen 50.000 und 100.000 Euro Investitionssumme. Jedes Funding hat eine Fundingschwelle und ein Fundinglimit. Die Fundingschwelle stellt dabei den Betrag dar, den ein Unternehmen von den Investoren benötigt. Wird diese Schwelle nach Ablauf der festgelegten Zeit nicht erreicht, ist das Funding gescheitert. Die Investoren erhalten ihr Geld in voller Höhe zurück, das Unternehmen erhält in diesem Fall nichts. Das Fundinglimit liegt derzeit bei den meisten Plattformen bei 100.000 Euro. Ist das Finanzierungslimit erreicht, endet das Funding sofort.

Crowdfunding für Investoren

Auch für Investoren ist Crowdfunding denkbar einfach. Wer einmal auf einer Plattform als Nutzer registriert ist, darf investieren. Die Vielzahl der Plattformen stellen unterschiedlichste Projekte vor, bevor diese in die Funding-Phase treten. Potentielle Finanziers können sich so schon im Vorfeld ein Bild von dem Start-up machen, mit den Gründern in Kontakt treten und Fragen rund um das Projekt klären. Investitionen sind bereits ab Kleinstbeträgen von 50 Euro möglich, mit denen im Grunde stille Beteiligungen an einem Unternehmen erworben werden. Nach Außen treten Investoren nicht als Gesellschafter auf. Die Geldgeber verpflichten sich, die Anteile für mindestens fünf bis sieben Jahre (dies wird vom Crowdfunding-Anbieter bestimmt) zu halten. Danach sind sie an möglichen Gewinnausschüttungen und am Wachstum des Unternehmenswertes beteiligt.

Chancen und Risiken im Crowdfunding

Neben dem eingesammelten Kapital erhalten Start-ups oftmals noch viel mehr durch Crowdfunding: Wertvolles Feedback, neue Kontakte und Kooperationsmöglichkeiten und jede Menge Aufmerksamkeit. Durch die Aufmerksamkeit der Internetgemeinschaft erhält das Unternehmen das soziale Marketing zudem quasi gratis dazu. Ein Vorteil, den eine Bankenfinanzierung bspw. nicht bieten kann.

Für Investoren ist das Crowdfunding eine interessante Option, da sie so schon mit geringen finanziellen Mitteln direkt in ein Start-up investieren können. Erwirtschaftet ein so unterstütztes Unternehmen Gewinne, können die Geldgeber mit hohen Renditen rechnen. Die Chancen darauf steigen, wenn die Investitionen auf verschiedene Branchen und Unternehmen gestreut werden.

Obwohl das Konzept einfach ist, sollten Anleger nicht blind “drauflosinvestieren”. Gerade bei der Unternehmensbewertung durch die Crowdfunding-Plattformen und den zu erwartenden Renditen sollten Investoren genau hinsehen. Schon bei der im Vorfeld vorgenommenen Bewertung des Start-ups wird die erste Problematik dieser Finanzierungsform sichtbar. Bei der gegenwärtigen Bewertung wird meist die Discounted-Cash Flow-Analyse angewandt, die einen gewissen Gestaltungsspielraum bietet und anfällig für “Ungenauigkeiten” ist. Als noch gravierender können sich Fehler bei der Ermittlung des zukünftigen Unternehmenswertes erweisen. Hier wird oftmals schlicht das EBIT mit einem branchentypischen Multiplikator herangezogen. Dieser ist jedoch frei wählbar und weist selbst im Branchenvergleich eine hohe Spannweite auf. Diese Faktoren können schnell zu einer Überschätzung des zukünftigen Unternehmenswertes führen. Bei einem tendenziell zu hoch bemessenen anfänglichen Unternehmenswert und/oder einem zu niedrigen Unternehmenswert zum Kündigungstermin würde der Investor nicht vollumfänglich am tatsächlichen Wachstum beteiligt werden. Umgekehrt gilt, dass eine zu hohe Bewertung zu Beginn der Crowd-Finanzierung zu einer Überschätzung der Renditeerwartung führen kann. Beides hinterlässt jedoch mit Sicherheit unzufriedene Investoren.

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