Das Borsuk-Problem
Das Borsuk-Problem ist ein Problem der kombinatorischen Geometrie. Karol Borsuk war ein polnischer Mathematiker, spezialisiert auf das mathematische Gebiete der Topologie.
In seiner Arbeit “Drei Sätze über die n-dimensionale euklidische Sphäre” [1], aus dem Jahre 1933, bewies er eine von Stanislaw Ulam aufgestellte Vermutung. Dieser Satz ist als Satz von Borsuk-Ulam bekannt. Am Ende dieser Arbeit stellte er die Frage: “Lässt sich jede beschränkte Teilmenge E des Raumes Rn in (n + 1) Mengen zerlegen, von denen jede einen kleineren Durchmesser als E hat?”. In den letzten 80 Jahren arbeiteten viele (berühmte) Mathematiker an dem durch diese Frage gestellten Problem. Das Problem erhielt schnell die Bezeichnung “Borsuk’s Vermutung”. Dies impliziert schon, dass (fast) alle Mathematiker, die sich mit dieser Frage beschäftigten, an eine positive Beantwortung der Frage glaubten. Es gab nur einige wenige Zweifler. Bekannt ist, dass P. Erdos [2], C. A. Rogers [3] und D. Larman [4] zumindest vorsichtig ihre Skepsis äußerten.
K. Borsuk selbst bewies das Problem in Dimension 2, sowie für den Spezialfall des n-dimensionalen Balls. Im Jahre 1955 fand H. G. Egglestone [5] den ersten Beweis für das Borsuk-Problem 3-dimensionaler Körper. Dieser Beweis war relativ schwierig. Die Mathematiker B. Grünbaum [6] und A. Héppés [7] stellten zeitgleich im Jahre 1957, aber unabhängig voneinander, weitere Beweise für das Problem im 3-dimensionalen Raum vor. Diese Beweise waren wesentlich einfacher und bedienen sich ausschließlich geometrischer Methoden. Die neuen Beweise ähneln dem Beweis von K. Borsuk im Fall des 2-dimensionalen Problems. In den nächsten Jahrzehnten konnten keine großen Fortschritte erreicht werden, lediglich einige Spezialfälle wurden gelöst. Allerdings entstanden neue, dem Problem verwandte Fragen, z.B “In wieviele Teilmengen kleineren Durchmessers lässt sich ei- ne n-dimensionale Menge zerlegen?” oder “Was ist der größte nötige Durchmesser aller n + 1 Teilmengen, nach Zerlegung einer n-dimensionalen Menge in n + 1 Teil- mengen?”.
Der große Durchbruch kam im Jahre 1933. J. Kahn und G. Kalai [8] zeigten, dass das Borsuk-Problem für große Dimensionen falsch ist. Die Gegenbeispiele sind (fast) ausschließlich durch kombinatorische Überlegungen im Raum der 0/1-Mengen konstruiert. Aufgrund dieser Tatsache werden wir im Folgenden vom “Borsuk- Problem” und nicht von “Borsuk’s Vermutung” sprechen. Bis zum heutigen Tag ist bekannt, dass das Problem ab Dimension 298 falsch ist [9].
Das Borsuk-Problem kann somit in den Dimensionen n ≤ 3 positiv und in den Dimensionen n ≥ 298 negativ beantwortet werden. Folglich gibt es eine große Lücke in den Dimensionen 4 ≤ n ≤ 297. Das allgemeine Borsuk-Problem ist hier bis heute ungelöst.
Literatur:
[1] K. Borsuk. Drei Sätze über die n-dimensionale euklidische Sphäre. Fundamenta Math., Band 20: Seite 177–190, 1933.
[2] P. Erdos. My scottish book ”problems“. Mathematics from the Scottish Café, Band: Seite 35–43, 1981.
[3] C. A. Rogers. Symmetrical sets of constant width and their partitions. Mathematika, Band 18: Seite 105–111, 1971.
[4] D. Larman. Open problem 6, Convexity and Graphtheory. Ann. Discrete Math, Band 20: Seite 336, 1984.
[5] H. G. Egglestone. Covering a three-dimensional set with sets of smaller diameter. J. London Math Society, Band 30: Seite 11–24, 1955.
[6] B. Grünbaum. Proc. cambr. philos. soc. A simple proof of Borsuk’s conjecture in three dimensions, Band 53: Seite 776–778, 1957.
[7] A. Héppés. On the partitioning of three-dimensional point sets into sets of smaller diameter (Ungarisch). Magyar Tud. Akad. Mat. Fiz. Oszt. Kösl., Band 7: Seite 413–416, 1957.
[8] J. Kahn and G. Kalai. A Counterexample to Borsuks conjecture. Bulletin American Mathematical Society, Band 29: Seite 60–62, 1993.
[9] A. Hinrichs and C. Richter. New sets with large Borsuk number. Discrete Math., Band 270: Seite 137–147, 2003.
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