Friedrich II. von Hohenstaufen: Das Staunen der Welt

Schon zu Lebzeiten galt Kaiser Friedrich II. als lebende Legende. Aber einer Mythisierung für die Nachwelt sollte entgegengewirkt werden.

Erstellt von Kasselpress vor 11 Jahren
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Friedrich II. wurde wiederholt vom Papst gebannt (1227 und 1239), einmal sogar als Kaiser abgesetzt (1245) und mit der Aufstellung von Gegenkönigen konfrontiert, konnte aber bis zu seinem Tod nicht entmachtet werden. Der Staufer versetzte seine Zeitgenossen in Erstaunen, sein Ruf als stupor mundi entstand vor allem wegen seiner starken, charismatischen Persönlichkeit, die ihn zu rationalen Handlungen motivierte. Das hinderte einige damalige kirchlichen Würdenträger keineswegs daran, ihn als eine Art Messias zu betrachten, in dessen Kaisertum sich eine göttliche Idee verwirklichte.

Italien als Zentrum seines Herrschaftsbereichs

Schon zu seiner Zeit wurde Friedrich II. als ein aus dem Rahmen fallendes historisches Phänomen verstanden, das mit zahlreichen biblischen Bildern geschmückt und wie eine überirdische Erscheinung betrachtet wurde. Historiker laufen allerdings gelegentlich Gefahr, die Bilder und Vergleiche der Zeitgenossen, die von Wunschdenken und Erwartungshaltungen geprägt wurden, als tatsächliche historische Zustände auszulegen. Tatsache aber ist, dass Friedrich II. sich hauptsächlich in Italien, in Sizilien aufhielt und das deutsche Reich weitgehend den Landesfürsten überließ. Keineswegs eine Reichsidee verfolgend, kommt er als Verfechter eines starken deutschen Einheitsstaates überhaupt nicht in Betracht.

Der Kreuzzug von 1228/29

Der sogenannte 5. Kreuzzug, darüber sind sich die meisten Forscher einig, begründete die herausragende Stellung Friedrichs, nämlich den Beginn der ‚Weltherrschaft’, die freilich nur eine europäische war. Der Kaiser, der vom Papst Gregor IX. wegen fortwährender Verzögerung des Kreuzzugs gebannt wurde, zog in Jerusalem ein und krönte sich selbst zum König, ohne von Waffengewalt Gebrauch zu machen. Dieser auf Verhandlungsgeschick resultierende politische Erfolg war sicherlich nicht ohne Einfluss auf die innere Entwicklung des Kaisers und festigte seine Macht. Aber eine Krönung im Orient bedeutete noch längst kein gottesunmittelbares Herrschertum, und es war auch keineswegs der Fall, dass der Kaiser „mit dem Orient das All in sein Reich gezogen“ habe (Ernst Kantorowicz). Die Selbstkrönung war weit von der Programmatik entfernt, eine neues Herrscherideal zu installieren – sie war ein von den Umständen erzwungener Verlegenheitsakt. Friedrich war weder ein Stellvertreter Gottes noch leitete er eine neue Epoche ein, er war vielmehr darauf bedacht, sich mit dem Papst zu versöhnen. Der mit dem Sultan ausgehandelte Vertrag, der die territorialen Grenzen und Machtverhältnisse regelte, sowie die Selbstkrönung wurden von den Zeitgenossen sehr skeptisch aufgenommen, da Friedrich II. exkommuniziert war und quasi illegal gehandelt hatte. Als er das heilige Land verließ, wurde er von der aufgebrachten Menge angeblich verbal beleidigt und mit Essensresten traktiert. Derartige Phänomene haben sich bis in die modernen demokratischen Staaten fortgepflanzt: Obstwürfe geschehen zwar recht selten, sind aber heute noch bei öffentlichen politischen Veranstaltungen zu beobachten.

Der Kampf gegen den Lombardenbund und die Folgen

Der eigentliche Bruch mit dem Papst begann nach der Schlacht von Cortenuova, wo der aufbegehrende Bund der lombardischen Städte von den kaiserlichen Truppen geschlagen wurde. Die Autonomiebestrebungen der oberitalienischen Städte ignorierend, hatte Friedrich II. ihre Unterwerfung gefordert, die dann nach der Verweigerung auf dem Schlachtfeld erzwungen wurde. Auf dem Höhepunkt seiner Macht rühmte er die Stadt Rom, die das geistige Zentrum seines Reiches sei: das war eine eindeutige Provokation des Papstes. Der Kaiser wurde zusehends überheblicher und verglich sich mit Christus, was als ein Reflex zu werden ist auf die Anschuldigungen des Papstes, der Friedrich zuvor zum Antichrist erklärte hatte.

Kein großer Staat

Gewiss, in der Öffentlichkeit gab sich Friedrich II. als ein Monarch altertümlicher Prägung aus – aber hatte er auch daran geglaubt? Hätte er Rom vollständig in seinen Machtbereich integriert, so hätte er damit an das antike römische Imperium angeknüpft. Doch er hegte keine größeren Ambitionen, für einen neuen großen Staat zu kämpfen, sonst hätte er auch nicht 1244 dem geplanten Friedensvorschlag des neuen Papstes Innozenz III. zugestimmt. Als aber Friedrich II. die Hoheitsrechte für Sizilien und die Lombardei verweigerte, kollidierte er mit den Interessen des Papstes und wurde als Kaiser abgesetzt.

Entmonumentalisierung

Da Friedrich II. gegen die Päpste agierte, sich mit Gegenkönigen und innenpolitischen Problemen in Deutschland und Italien herumzuschlagen hatte, erwuchs angesichts der Erfolge bei seinen Zeitgenossen das Gefühl, dass Gott für den Staufer Partei ergriff. Allmählich entstand ein Glaube an seine Auserwähltheit, die seinen Werdegang in einem Licht erstrahlen ließ, als würden alle Handlungen dieser charismatischen Einzelpersönlichkeit mit schicksalhafter Notwendigkeit geschehen. Wenn nun alle Ereignisse einer individuellen schöpferischen Begabung zugeschrieben werden, verschwindet letztlich der historische Rahmen hinter den Großtaten dieser Einzelperson. Die Wahrheit aber ist, dass Friedrich II. lediglich auf historische Vorbilder zurückgriff, sich geschickt den jeweiligen Situationen anzupassen wusste und ansonsten den Dingen ihren Lauf ließ. Die eigentliche Leistung des Kaisers bestand in der Übernahme und Weiterführung bereits vorgelebter Handlungsmuster. Nur wer das politische Wirken des letzten großen Staufers von mythischem Beiwerk befreit, kann einer unangemessenen Monumentalisierung entgehen. So blieb Friedrich II. schließlich dem mediterranen Bereich verpflichtet und kann nicht als typisch deutscher Herrscher vereinnahmt werden.

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