Interdisziplinäre Aspekte des Code-Switchings bilingualer Sprecher

Erstellt von tascha vor 6 Jahren
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1.Einleitung"Mehrsprachigkeit bedeutet, dass unsere Gedanken nicht an einer bestimmten Sprache hängen, nicht an deren Worten kleben. Unsere Mehrsprachigkeit ist der sprachliche Spielraum unserer geistigen Freiheit."Mario WandruszkaDie Mehrsprachigkeit spielt in der linguistischen Forschung eine relevante Rolle. Die Organisation zweier oder mehrerer Sprachen in einem Gehirn eines Sprechers beinhaltet Komponenten, die den reinen sprachwissenschaftlichen Rahmen sprengen. Vielmehr bietet es sich an, das Phänomen der Mehrsprachigkeit interdisziplinär, also unter Einbezug verschiedener wissenschaftlicher Richtungen, zu erforschen. In der folgenden Arbeit liegt der Fokus nicht nur auf dem Bilingualismus im Allgemeinen, sondern auf einem Sprachstil, der bei Sprechern mehrerer Sprachen zu beobachten ist: dem Code-Switching. Dass bilinguale Sprecher ihre Sprachen mischen, kann man entweder, sofern man selbst bilingual ist, bei sich selber beobachten und ansonsten im Alltag, wie an der Universität, in Schulen oder unterwegs, wenn man Gespräche mehrsprachiger Menschen mitbekommt. Für monolinguale Sprecher und Personen, die sich mit dem Phänomen des Sprachenmischens nicht wissenschaftlich auseinandersetzen, klingt die Gesprächsstrategie häufig willkürlich bis hin zu unbeholfen. Die Ansicht ist weit verbreitet, dass das Mischen von Sprachen dazu dient, mangelnde Kompetenzen in einer der vermeintlich schwächeren Sprachen auszugleichen.Im Folgenden wird der Bereich des Bilingualimus und des Code-Switchings aus psycholinguistischer und neurolinguistischer Perspektive näher untersucht. Es gibt in diesem Bereich unzählige Studien, die häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Einen Überblick über den gesamten Bereich zu geben, ist innerhalb einer Arbeit nahezu unmöglich und so ist es sinnvoll, die Forschung diesbezüglich auf wenige ausgewählte Aspekte zu beschränken. Vorab wird es einen kurzen Überblick über die wichtigsten Komponenten aus den Bereichen des Bilingualismus und speziell des Code-Switching geben. Zunächst wird der Begriff des Code-Switchings definiert und von anderen Sprachkontaktphänomenen abgegrenzt, indem Unterschiede und Gemeinsamkeiten abgewägt werden. Vorab sei darauf hingewiesen, dass sich die Terminologie bezüglich des Sprachmischens fernab jeglicher Einheitlichkeit befindet. Die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe werden in Kapitel 2 daher spezifiziert [...]2. Definition des Code-SwitchingBevor die neuro- und psycholinguistischen Aspekte bilingualer Sprecher vorgestellt werden und dabei anschließend ein Augenmerk auf genau diese Aspekte bezüglich des Code-Switchings gelegt wird, gibt es im Folgenden eine kurze Einführung in die Thematik des Code-Switchings. Wie wird das Sprachphänomen definiert und vor allem auch im bilingualen Forschungsbereich von anderen Begriffen wie beispielsweise der Interferenz und des Transfers abgegrenzt [...]3.Psycho- und neurolinguistische Aspekte des BilingualismusIm Folgenden wird kurz dargestellt, mit welchen Methoden im Forschungsfeld der neurolinguistischen Sprachwissenschaft geforscht wird und welche Erkenntnisse bezüglich der bei der Produktion und Rezeption von Sprache aktivierten Hirnareale bisher gewonnen werden konnten.Anschließend wird es einen Überblick über die Theorien geben, die bezüglich der Organisation der Sprachsysteme bilingualer Sprecher relevant sind. Sind die beiden Sprachsysteme bilingualer Sprecher einzeln zu betrachten oder liegt ihr Ursprung in einem einzigen gemeinsamen Sprachsystem? Wenn dies der Fall sein sollte, wie werden Interferenzen vermieden und beide Sprache voneinander getrennt [...]4. Interdisziplinäre Aspekte des Code-SwitchingDas folgende Kapitel wendet die Erkenntnisse aus der neurolinguistischen Forschung bezüglich bilingualer Sprachsysteme auf das Code-Switching an. Was passiert im Hirn, wenn Sprecher zweier Sprachen ihre Sprachen mischen. Dabei wird spezifiziert, unter welchen psycho- bzw. neurolinguistischen Aspekten CS möglich ist und wodurch es unter Umständen beschränkt wird. Des Weiteren werden die sogenannten Switching-Kosten näher durchleuchtet, die aufgrund der Inhibition beim Sprachenwechsel entstehen. Es wird versucht zu klären, ob es Unterschiede gibt, wenn ein bilingualer Sprecher von seiner L1 in die L2 oder umgekehrt wechselt und inwiefern der Balanciertheitsgrad der beiden Sprachen eine Relevanz auf die Häufigkeit des Code-Switching hat. Im Anschluss daran wird anhand einer Studie diskutiert, inwiefern bilinguale Sprecher aufgrund der fortwährenden Inhibitionsprozesse zwischen den konkurrierenden Sprachen auch in anderen Bereichen, die eine kognitive Inhibition fordern, erfolgreicher sind als monolinguale Sprecher [...]5. FazitAus dem interdisziplinären Überblick bezüglich des Bilingualismus und im Speziellen des Code-Switching lässt sich zunächst einmal festlegen, dass das Code-Switching nicht als Behelfs- oder Simplifizierungsstrategie anzusehen ist, sondern als Sprachstil, wie er auch bei monolingualen Sprechern häufig zu beobachten ist. Auch monolinguale Sprecher variieren ihren Sprachstil und passen ihn verschiedenen Gesprächskontexten an. So verläuft dies bei bilingualen Sprechern nicht anders. Sie passen ihre zwei oder auch mehr zur Verfügung stehenden Sprachen auch ihrem Gesprächskontext an, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Kommunikation befinden. Genau genommen gibt es zwei verschiedene Kontexte, die bei bilingualen Sprechern unterschieden werden können: zum einen den monolingualen Kontext, in dem der Interaktionspartner nur die Umgebungssprache spricht und zum anderen den bilingualen Kontext, in dem der Interaktionspartner sowohl die Umgebungssprache, als auch die sogenannte Familiensprache spricht. Aus Studien geht jedoch hervor, dass bei bilingualen Sprechern unabhängig vom Kontext immer beide Sprachen aktiviert sind. Das bedeutet, dass gerade im monolingualen Kontext die eine, nicht geforderte Sprache konstant unterdrückt werden muss. Das Unterdrücken einer Sprache gelingt durch Inhibitionsprozesse, die die Aktivierung der lexikalischen Elemente der einen Sprache aufheben, damit die lexikalischen Elemente aus der gewünschten Sprache zugänglich werden. Im Bezug auf das Inhibieren von Sprachen kann gesagt werden, dass es leichter ist, die schwache Sprache zu inhibieren als die starke. Daraus ergibt sich, dass beim CS der Wechsel in die schwache Sprache leichter fällt als der Wechsel in die starke Sprache. Erst recht, weil zuvor inhibierte Elemente wieder schwieriger zu reaktivieren sind. Diese Ergebnisse können durch eine Studie bestätigt werden, die unbalanciert bilinguale Kinder verglichen hat. Tatsächlich lassen sich mehr Code-Switches im Kontext der schwachen Sprache beobachten als dies im Kontext der starken Sprache der Fall ist. Eine weitere Studie konnte beobachten, dass sogenannte Switching-Kosten, die beim Inhibieren einer der Sprachen benötigt werden, sich bezüglich der starken und schwachen Sprache asymmetrisch verhalten. Weiterhin signalisieren die Switching-Kosten, dass das Mischen zwischen zwei Sprachen einen Mehraufwand bedeutet und unterstreicht somit den Aspekt, dass CS sich vom Transfer abgrenzt und somit nicht als Simplifizierungsstrategie anzusehen ist. Eben weil bilinguale Sprecher aufgrund der doppelten Aktivierung ihrer Sprachen sich zumeist in der Situation befinden, dass sie eine Sprache inhibieren müssen, haben sie Kompetenzen entwickelt, um diese stetige "Managementaufgabe" zu bewältigen. In Tests, die Interferenzen zwischen Reaktionsmöglichkeiten provozieren, schneiden sie besser ab als monolinguale Probanden. Die Kontrollmechanismen, die dazu dienen, den sprachlichen Output zu steuern, haben einen positiven Effekt auf Kontrollmechanismen, die sich nicht auf sprachliche Aufgabenfelder beziehen. Somit lässt sich feststellen, dass bilinguale Sprecher über eine besser ausgeprägte kognitive Kontrolle verfügen.

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