Ist die Aufweichung des Trennbankensystems in den USA als Katalysator für die Finanzkrise zu sehen?

1. Einführung in die Thematik

Im Jahr 2007 begann als Folge auf die in den USA aufgetretene Immobilienkrise eine folgenschwere Finanzkrise, die sich in den Folgejahren ausbreitete und sich so zu einer weltweiten Finanzkrise ausweitete.

Erstellt von BankEtoX vor 8 Jahren
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(Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 481) Aus der weltweiten Finanzkrise entwickelte sich durch die weitreichende Verstrickung von Banken und Industrieunternehmen und die globale Bedeutung des Kapitalmarktes, eine globale Weltwirtschaftskrise und diese führte daraufhin in Teilen Europas sogar zu einer Staatsschuldenkrise. (Vgl. Grieser, 2011 S. 618) Die aufgetretene Finanzkrise zeigte einige deutliche Gefahren sowie Schwächen des Finanzsystems sowie Lücken der nationalen und internationalen Finanzaufsichtsbehörden auf. (Vgl. Grieser, 2011 S. 618) Auffällig wurden die Missstände dadurch, dass einige Banken die Eigenkapitalanforderungen und Regulatoren mit bewussten und geschickten Geschäften umgangen haben. (Vgl. Grieser, 2011 S. 612) Nachdem Bekanntwerden dieser Missstände wurden Stimmen laut, die eine Rückkehr zum Glass-Steagal-Act und damit zurück zu einem nicht liberalisierten Finanzsektor forderten. (Vgl. Bahler, 2013 S. 1) In Folge dessen behandelt die folgende Seminararbeit die Frage, ob die Finanzkrise aus 2007 durch die Aufweichung des US-typischen Trennbankensystems ausgelöst oder begünstigt wurde und ob mit einem rigorosen Trennbankensystems gemäß des Glass-Steagal Acts diese Krise hätte verhindert werden können.

Untersucht wird die hypothetische Leitfrage, indem im Laufe dieser Ausarbeitung zuerst einmal die genauen Ursachen für die Finanzkrise im Jahr 2007 unter Zuhilfenahme von Grundlagenliteratur detailliert herausgearbeitet werden. Im Anschluss daran werden die erörterten Gründe für die angeführte Krise mit den Eckpunkten und Besonderheiten eines zuvor definierten Trennbankensystems verglichen, um daraus eigenerarbeitete Rückschlüsse zu ziehen, ob ein Trennbankensystem eine solche Krise hätte verhindern können. Des Weiteren wird auf die grundsätzliche Frage eingegangen, ob ein Trennbankensystem krisenresistenter im Vergleich zum weit verbreiteten klassischen Universalbankensystem ist.

Abgerundet, zusammengefasst und bewertet werden die erarbeiteten Ergebnisse in einer kritischen Würdigung der Erkenntnisse.

2.1 Definition eines Trennbankensystems

Grundsätzlich wird zwischen zwei Bankensystemen unterschieden. Einerseits existiert das Universalbankensystem, welches vor allem im europäischen Raum und speziell in Deutschland existiert. Andererseits existiert das Trennbankensystem, in dem sich die Kreditinstitute auf verschiedene spezielle Geschäfte konzentrieren. (Vgl. Gabler, 2012 S. 1371 und 1399f.) In der Literatur wird das zuvor genannte Universalbankensystem als solches System von Finanzinstituten definiert, das sowohl das klassische Einlagen- und Kreditgeschäfts, beschrieben mit dem englischen Begriff „commercial banking“, als auch das „investment banking“ in Form von Effekten- und Emissionsgeschäften darstellt. (Vgl. Becker, 2012 S. 23) Ersteres genanntes System ist in Kontinentaleuropa vorrangig und sogar im deutschen Kreditwesengesetz (KWG) in §1 verankert. Dort ist gesetzlich festgehalten, dass es möglich ist Einlagen-/Kreditgeschäft und Effekten-/Emissionsgeschäft zur selben Zeit zu betreiben. (Vgl. Kreditwesengesetz, Fassung von 13.02.2013 §1) Der Vorteil dieses Systems liegt darin, dass höhere Kreditvolumina mittels einer günstigeren Finanzierung durch Kundeneinlagen statt Kapitalaufnahme am Geldmarkt finanziert werden. Des Weiteren werden auf diese Weise die Such- und Transaktionskosten gesenkt, was sich wiederum in einer besseren Wettbewerbsfähigkeit wiederspiegelt und die Universalinstitute tätigen in einem Bankhaus gebündelt den Zahlungsverkehr, sowie die Losgrößen-/Fristen- und Risikotransformation. (Vgl. Becker, 2012 S. 17ff.)

Auf der Gegenseite zum beschriebenen Universalbankensystem steht das hauptsächlich in den USA existierende Trennbankensystem. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass eine klare Trennung zwischen dem oben beschriebenen commercial banking und investment banking besteht. (Vgl. Gabler, 2012 S. 1371) Eine solche Trennung von commercial banking und investment banking wurde in den 1930er Jahren in den USA als Reaktion auf den Börsencrash von 1929 durch den Glass-Steagal-Act, auf den in einem späteren Kapitel näher eingegangen wird, geschaffen.

In einem solchen Trennbankensystem können gleichzeitig auch nur solche Spezialinstitute existieren und so sind investment und commercial banks völlig voneinander getrennt und existieren parallel zu einander. Im Gegensatz dazu ist es im Universalbankensystem möglich, dass sowohl Universal- als auch Spezialbanken nebeneinander existieren. (Vgl. Gabler, 2012 S.652)

2.2 Glass-Steagal Act

Als Folge des großen Börsencrashes im Jahr 1929 und der darauf folgenden Massenarbeitslosigkeit, verabschiedete die US-Regierung 1933 den sogenannten Banking Act. Geläufiger ist dieses Gesetz unter dem Namen Glass-Steagal-Act (GSA), benannt nach den beiden US-Senatoren Carter Glass und Henry B. Steagal. Zweck dieses Gesetzes war die Einführung eines Trennbankensytems, welches die Trennung von commercial banking und investment banking vorsah. (Vgl. Bahler, 2012 S. 3ff.)

Mit dem Glass-Steagal Act sollte vermieden werden, dass sich das Verhalten der Geschäftsbanken aus den 1920er Jahren nicht noch einmal wiederholt. (Vgl. Gabler, 2012 S.625) Zum Börsencrash 1929 führte eine neue Geschäftspraxis der US-amerikanischen Geschäftsbanken. Diese Geschäftsbanken konzentrierten sich nicht nur mehr auf ihr klassisches Einlagen- und Kreditgeschäft, sondern bewegten sich immer mehr, basierend auf einem generellen Finanzmarktboom, im Geschäftsbereich des Effekten- und Emissionsgeschäfts. Der Vorteil für die Geschäftsbanken bestand darin, dass sie durch dieses neue Geschäftsfeld ihre Einlagen einfacher und besser Umschichten konnten und so eine erhebliche Kosteneinsparung erzielten. In Folge dieses Vorstoßes der Geschäftsbanken waren die selbigen in den Boomzeiten für 50% der US-amerikanischen Aktienemissionen verantwortlich. Mit ihrer neuen Tätigkeit traten die Geschäftsbanken vermehrt in Konkurrenz zu den klassischen Investmentbanken. Sein Ende fand dieser Vorstoß der Geschäftsbanken im Börsencrash 1929. Aufgrund des Börsencrashes verloren viele Kunden der Geschäftsbanken ihre Ersparnisse und es wurde ein Eingreifen der US-Regierung erforderlich, um eine erneute Krise zu verhindern. Als Reaktion auf die Krise verabschiedete die US-Regierung den Glass-Seagal Act. Der GSA sollte das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen und sah als Absicherung eine von den Banken finanzierte Einlagenversicherung vor. Des Weiteren wurde die Gründung der Security and Exchange Commission (SEC) beschlossen, die mit der Aufgabe den Börsenhandel zu regulieren und zu überwachen vertraut wurde. (Vgl. Bahler, 2013 S. 3ff.) Zusammenfassend wurden durch den Glass-Steagall Act gleich mehrere negative Effekte und Gründe für die Finanzkrise der 1930er Jahre eliminiert und das Finanzsystem der USA und erste Trennbankensystem der Welt konnte somit zur Krisenfestigkeit des Finanzapparates beitragen. (Vgl. Rogall, 2011 S. 661ff.)

2.3 Gramm-Leach-Billey Act

Beginnend in den 1960er Jahren wurde der Glass-Steagal Act von 1933 durch die Lobbyarbeit der US-amerikanischen Geschäfts- und Investmentbanken und verschiedenster Anträge vor US-Gerichten langsam aber stetig konterkariert. Die Bankenlobby erreichte ihr Ziel endgültig im Jahr 1999 mit der Verabschiedung des Gramm-Leach-Billey Acts (GLBA). (Vgl. Rogall, 2011 S. 661f.) Die strikte Trennung von Einlagen-/Kreditgeschäft zum Effekten-/Emissionsgeschäft, welches so bereits seit 1933 im Glass-Steagall Act verankert wurde, wurde bereits durch die immer komplexeren Finanzinstrumente aufgehoben. (Vgl. Gabler, 2012 S. 657) Aufgeweicht wurde die bisher gültige Bankenstruktur gemäß des Glass-Steagal Acts bereits durch die Ausnutzung unterschiedlicher Gesetzeslücken. So gründeten Banken Tochtergesellschaften um ihnen eigentlich untersagte Investmentgeschäfte zu tätigen. Außerdem umgingen sie mit der Gründung von Tochtergesellschaften das Fusionsverbot außerhalb eines Bundesstaates und konnten so flächenübergreifende Filialnetze aufbauen (Vgl. Bahler, 2013 S. 16ff.)

Ihre Endgültigkeit hatte die Aufhebung der Finanzmarktbeschränkungen im Gramm-Leach-Billey Act unter der Regierung Clinton im Jahr 1999.

Durch die Verabschiedung des Gramm-Leach-Billey Acts und somit der Hinfälligkeit des Glass-Steagal Acts und der daraus resultierenden Liberalisierung des Finanzmarktes sollte der bereits vorangeschrittenen internationalen Finanzmarktliberalisierung Rechnung getragen werden. Die Regierung und verschiedenste Aufsichtsbehörden waren der Ansicht, dass eine Regulierung und die Beschränkungen aus dem Jahr 1933 nicht mehr den aktuellen Marktgeschehnissen und Bedürfnissen entspricht. Die Beschränkungen waren aus deren Hinsicht hinfällig, da die Meinung vorherrschte, dass eine solche Krise allein aufgrund der geltenden Offenlegungspflichten und Kontrollorganen sowie Kontrollmechanismen vermieden werden würde. (Vgl. Bahler, 2013 S. 16ff.) Somit war zusammenfassend das Ziel des Gramm-Leach-Billey Acts die Schaffung und generelle Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit US-amerikanischer Banken, da andernorts eine Liberalisierung des Finanzsektors erfolgte bzw. vorangetrieben wurde. Dadurch lief die Finanzwirtschaft in den USA Gefahr an Wichtigkeit zu verlieren und so erhebliche Einbußen zu erleiden.

3.1 Die Gründe für die Finanzkrise 2007

Einige Gründe für die bereits erwähnte Finanzkrise 2007 wurden im Verlauf dieser Ausarbeitung angeschnitten und kurz erläutert. Nun soll in der Folge detaillierter auf die Ursachen der Finanzkrise eingegangen werden um auf die Frage hinzuarbeiten, ob ein Trennbankensystem eine solche Krise hätte verhindern können.

Die Finanzkrise 2007 hatte ihren Ursprung in der sogenannten Subprime-Mortgage Krise in den USA. Diese Krise im vergleichsweise kleinen Markt der Hypothekendarlehen an bonitätsschwache Darlehensnehmer in den USA ereignete sich, da die darlehensausreichenden Banken Darlehen an äußerst bonitätsschwache Kunden, oftmals ohne Eigenkapital und ohne Arbeitsverhältnis, unter der Annahme der immer steigenden Immobilienpreise vergaben. Die Bonitätsprüfung bei der Darlehensvergabe spielte deshalb keine Rolle, da die Darlehenstilgung immer unter der Voraussetzung eines höheren Wiederveräußerungswerts erfolgen würde. (Vgl. Grieser, 2011 S. 618f.)

Diese Vergabepraxis hatte auch solange erfolgt wie die Immobilienpreise wirklich stiegen. So stiegen die US-amerikanischen Immobilienpreise zwischen den Jahren 1996 und 2005 um 300%. (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 481) Problematisch wurde die Entwicklung der ausgegebenen Immobilienhypotheken erst als das Zinsniveau in den USA aufgrund der rigorosen Geldpolitik der US-Notenbank FED anstieg. Dieser Zinsanstieg und die damit einhergehende Verteuerung von Immobilienkredite verteuerte die Subrime-Kredite für die meisten Darlehensnehmer so sehr, dass sie die Darlehen nicht mehr bedienen konnten. (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 481) Mit diesem Zinsniveauanstieg und dem damit verbundenen Anstieg der Darlehenszinsen traten weitere Besonderheiten des US-Immobilienrechts auf. Als solche Besonderheiten des US-Immobilienrechts sind, im Vergleich zum deutschen Immobilien- und Darlehensrecht, die jederzeitige Umschuldung und die Haftung im Zahlungsausfall mit maximal der Immobilie zu nennen. Die jederzeitige Darlehensrückzahlung bzw. Umschuldung in z.B. einen günstigeren Immobilienkredit ist daher von Bedeutung, da so eine Liquiditätsplanung und eine vorhersehbare Refinanzierung äußerst schwierig wird und das jeweilige Kreditinstitut bei Immobilienrückgabe das Darlehen als getilgt ansehen muss, obwohl der tatsächliche Immobilienwert eventuell gar nicht dem noch offenen Darlehensbetrag entspricht. Noch bedeutsamer als die Umschuldungsproblematik ist die Haftung im Zahlungsausfall des Darlehensnehmers. Sollte der Darlehensnehmer seiner Kreditverpflichtung nicht mehr nachkommen können, so kann das Kreditinstitut seine offene Forderung maximal durch die Veräußerung der Immobilie begleichen. Eine persönliche Haftung des Darlehensnehmers und somit eine Vollstreckung in sein Privatvermögen sieht das US-amerikanische Immobilienrecht nicht vor. (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 481f.) Diese Besonderheiten kurz vor der Finanzkrise 2007 hatten zur Folge, dass viele Darlehen im Bereich der Subprime-Mortgages ausfielen und die Banken sich gezwungen sahen die Immobilien zu verwerten. Diese Verwertung von vergleichsweise vielen Immobilien hatte weiteren Effekte ausgelöst. Einerseits sanken im Gesamtbereich die Immobilienpreise und somit konnte aus der Verwertung noch weniger erlöst werden, was die offenen Forderungen und die daraus resultierenden Abschreibungen in die Höhe trieb. Andererseits traten Folgeeffekte in einem weiteren Geschäftsfeld dieser Kreditinstitute auf. Bei diesem weiteren Geschäftsfeld handelt es sich um die Emission und den Handel mit sogenannten Mortgage Back Securities (MBS). Aufgrund minimaler Margen im Hypothekenbereich mussten die Ertragsquellen der jeweiligen Hypothekenbanken erweitert werden und daraus resultierte die Volumina Ausdehnung der Subprime- Mortgages und die laschen Vergabestandards. Als weitere Ertragsquelle wurde die Verbriefung von Hypothekenforderungen in sogenannte MBS entdeckt. Außerdem wurde der Handel von MBS durch die US-Regierung mit der Zielsetzung der Förderung der Wohnungsfinanzierung unterstützt. Bei den genannten MBS werden Hypothekenforderungen in Wertpapieren verbrieft und zur Risikodifferenzierung über Zweckgesellschaften, deren Geschäftszweck nur die Emission und der Handel mit solchen MBS ist, gehandelt. Gleichzeitig refinanzierten sich die Zweckgesellschaften aus den MBS und betrieben mit den hereingenommen Mitteln Fristentransformation (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 481ff.) Auch bei den gehandelten MBS führte der Preisverfall im Immobiliensektor, der für die Besicherung der MBS diente, zu der Problematik, dass die Werthaltigkeit der MBS ebenfalls sank. Basierend auf der gesunkenen Werthaltigkeit traten Kursverluste und eine Herabstufung der Papiere durch die gängigen Rating-Agenturen ein und ebenso konnten die Anleger im Ausfall aufgrund der Ausgestaltung der Papiere nur einen Anspruch gegenüber den Zweckgesellschaften geltend machen, die jedoch basierend auf der Fristentransformation illiquide waren. Der eingetretene Preisverfall hatte jedoch nicht nur für die MBS-Anleger, sondern auch direkt für die Kreditinstitute Folgen, da diese oftmals auch MBS hielten und nun wegen der Herabstufung der Rating-Agenturen mehr Eigenkapital für diese Papiere hinterlegen mussten. (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 483ff.) Diese ganze Verkettung von Ereignissen hatte nun eine Illiquidität im Markt zur Folge, die daraufhin mehrere Finanzinstitute in Liquiditätsbedrägnis oder sogar in die Insolvenz trieb. Einige bekannte Beispiele für solche Finanzinstitute sind z.B. die deutsche IKB, die Sachsen LB und die US-amerikanische Bank Lehman Brothers. (Vgl. WBdIfbF, 2013 S. 486ff.) Auf diese Bankeninsolvenzen bzw. die Stützung solcher Institute traten mehrere Ansteckungen auf, die bis in die Volkswirtschaften hineinreichten und somit zu einer Weltwirtschaftskrise und später zu einer Staatsschuldenkrise führten.

3.2 Hätte ein Trennbankensystem die Finanzkrise 2007 verhindert?

Nach der detaillierten Herausarbeitung der Gründe und Ursachen für die Finanzkrise, die sich in die Oberpunkte: Lasche Kreditvergabe, falsche Immobilienpreisprognose, exorbitanter Handel mit hypothekenbesicherten Wertpapieren und Vertrauen auf die Benotung von Rating-Agenturen gliedern lassen, folgt nun die Erörterung, ob ein Trennbankensystem ein solches Ereignis hätte verhindern können.

Wie bereits zuvor näher erläutert zeichnet sich ein Trennbankensystem dadurch aus, dass die Bereiche commercial banking und investment banking voneinander getrennt sind. (Vgl. Gabler, 2012 S. 657)

Für die Verhinderung der Finanzkrise 2007 mittels eines Trennbankensystems spricht, dass durch die Verkleinerung und Beschränkung auf bestimmte Geschäftsfelder die Systemrelevanz des jeweiligen Kreditinstituts verringert wird. Somit hätte die Insolvenz eines solchen Kreditinstitutes nicht die aufgetretenen Ansteckungen im Finanzsektor hervorgerufen und ein solches Institut hätte nicht durch staatliche Intervention gerettet werden müssen. Eine gesunkene Systemrelevanz eines Instituts ruft auch nicht mehr die Anlegermentalität hervor, wie sie 2007 geherrscht hat, dass solche Banken im Fall der Fälle von staatlicher Seite gerettet werden, um einen Kollaps im Finanzsektor zu verhindern, und so die jeweiligen Kundeneinlagen trotz hochriskanter Geschäfte gesichert wären. Mit der Vermeidung von systemrelevanten Instituten wird mittels des Trennbankensystems die sogenannte „to-big-to-fail-Problematik“ fast vollständig beseitigt. Die „to-big-to-fail-Problemtaik“ wird unter Umständen nur daher fast vollständig beseitigt, da in einem Trennbankensystem sich Spezialinstitute aufgrund ihren Marktanteilen und ihrer Marktbedeutung auch zu systemrelevanten Instituten entwickeln können.

Als weitere Folge aus der Einführung eines Trennbankensystems wären so die Kundeneinlagen nicht in hochriskante und spekulative Anlagen investiert, sondern die Investment Bank müsste sich mit der entsprechenden Risikoprämie am Kapitalmarkt refinanzieren. Eine weitere Folge daraus wäre, dass durch die Verhinderung der zuvor genannten Anlegermentalität, die jeweiligen Aktienkurse solcher Institute fair bewertet wären und keine falschen Marktsignale gesendet würden. Die aufgetretenen Interessenkonflikte und Ansteckungssymptome während der Finanzkrise hätte in der Hinsicht durch ein Trennbankensystem verhindert werden können, dass durch die getrennten Bereiche des Einlagen-/Kreditgeschäftes und des Emissions-/Effektengeschäftes eine leichtere Steuerung für das Management möglich gewesen wäre. So könnten sich das Management auf die spezifischen Risiken im Investmentbereich konzentrieren und die Risiken leichter erkennen und abwehren. Im Gegenzug dazu könnte sich eine Geschäftsbank mit dem Geschäftszweig des commercial banking besser auf die Kreditvergabe konzentrieren und dadurch die Volkswirtschaft mit adäquaten Finanzierungen versorgen. Aus dieser Annahme resultiert, dass eine Einlagen-/Kreditbank sich nicht mit spekulativen Anlagen, wie z.B. MBS, verzocken kann.

Auf der anderen Seite hätte ein Trennbankensystem die Finanzkrise wahrscheinlich nicht verhindert, jedoch deutlich abgeschwächt, wenn das System nach dem Vorschlag der europäischen Liikanen-Gruppe aufgebaut worden wäre. Bei diesem System sind commercial bank und investment bank unter dem Dach einer Bank-Holding zusammengefasst und trotzdem operativ voneinander getrennt. Bei diesem Aufbau könnte eine eventuelle Insolvenz einer Sparte leichter abgewickelt werden, ohne auf die jeweilige andere Institutssparte Einfluss zu nehmen. (Vgl. Gürtler, 2013, S. 22ff.)

Trotz dieser aufgeführten Punkte, die für die Einführung eines Trennbankensystems und der Verhinderung bzw. Abschwächung der Finanzkrise sprechen, ist das Trennbankensystem nicht als Allheilmittel zu sehen.

Zu beachten ist nämlich dabei, dass ein Trennbankensystem nicht die in der Finanzkrise aufgekommenen Probleme, welche sich in Form von globaler Vernetzung, mangelnder staatlicher Regulierung und einer zu geringen Eigenkapitalausstattung zeigten, vollkommen beseitigt. Dies ist allein daran zu erkennen, dass die meisten in der Finanzkrise gefährdetsten Institute völlig auf das investment banking spezialisierte Institute waren. Im Gegensatz dazu überstand die Großzahl der Universalbanken, die aufgrund ihres Geschäftsmodell breiter aufgestellt waren, weniger Klumpenrisiken und mehrere Ertragsquellen aufwiesen, die Finanzkrise 2007 deutlich besser. Deutlich wird diese Aussage auch daran, dass im Vergleich zu Europa, die meisten Institute in den USA, wo historisch bedingt immer noch ein Trennbankensystem vorherherrscht, vom Staat oder anderer Sicherungseinrichtungen gestützt werden mussten. Im Gegensatz dazu war die Anzahl der gestützten Institute, auch aufgrund der Risikodiversifikation des Universalbankensystems, überschaubar. Die Institute die gestützt werden mussten, waren alle in großem Maße in die Subprime-Mortgage Krise in den USA verstrickt.

3. 3 Kann ein Trennbankensystem Krisen verhindern?

Nachdem nun im vorherigen Abschnitt die Thematik behandelt wurde, ob die Finanzkrise des Jahres 2007 und den daraus resultierenden Krisen durch ein globales Trennbankensystem hätte verhindert werden können, wird nun näher auf die Frage eingegangen, ob ein Trennbankensystem generell solche Finanzkrisen verhindern kann.

Die meisten Finanzkrisen beruhen auf verschiedensten Ursachen. Grundsätzlich krisenbegünstigend sind psychologische Effekte und ein regelrechtes Herdenverhalten der Banken und Anleger bei möglichen Krisensymptomen. Dies führt durch den Rückzug von Kapital aus dem Geldmarkt zu einer immer weiteren Verschlechterung der Liquiditätslage und damit einhergehend einer weiteren Panik unter den Anlegern. Somit entsteht eine Abwärtsspirale, die durch die globale Vernetzung der Finanzinstitute untereinander und so durch die Übertragung von Krisensymptomen kaum aufzuhalten ist. (Vgl. Ohler, 215 S. 98ff.)

Diese Symptome werden grundsätzlich auch nicht durch ein Trennbankensystem beseitigt. Bei der Trennung von commercial und investment banking tragen zwar nicht mehr die Kundeneinlagen das Risiko für spekulative Geschäfte, aber eine Vernetzung der Institute untereinander wird nicht gelöst. Die Vernetzung der Banken könnte durch ein Trennbankensystem sogar verstärkt werden, da Investmentbanken sich mittels Tochtergesellschaften oder direkten Darlehen von Geschäftsbanken trotzdem mittels Kundeneinlagen refinanzieren könne. Bei einer solchen Entwicklung wären Kundeneinlagen im Falle eines Zahlungsausfalles einer Investmentbank trotzdem gefährdet. Genauso beseitigen Trennbankensysteme nicht die Problematik, die durch die Bedeutung der globalen Spekulation im Finanzsektor in den letzten Jahren entstanden ist. Aktuell ist es, dass 95% der weltweiten Finanztransaktionen für Spekulationen dienen und nur 5% der globalen Finanztransaktionen zum Austausch von real existierenden Gütern verantwortlich sind. (Vgl. Rogall 2011, S. 651f.)

Im Falle einiger Fehlspekulationen, die zu einer Krise führen können, ziehen weitere Banken ihr Kapital aus dem Geldmarkt ab und setzen so erneut die Abwärtsspirale in Gang. Ein Trennbankensystem verhindert diese Abwärtsspirale nicht, da es die Gefahren von Spekulationen in wenigen Spezialbanken konzentriert und so im Falle von unerwarteten Ereignissen einen gesamten Bankenzweig ins Wanken bringen könnte. Der Zusammenbruch des Investmentbankings tangiert dann auch über die Vernetzung der Institute untereinander die Geschäftsbanken und damit wiederum die Kundeneinlagen.

Somit ist das erklärte Ziel eines Trennbankensystems, nämlich der Schutz der Kundeneinlagen und nicht der Investmentbanken, nicht erfüllt. (Vgl. Gischer, 2012 S. 418) Abschließend ist zu sagen, dass ein Trennbankensystem nicht allein für Stabilität im Finanzsektor sorgen kann. Vielmehr ist es ein Baustein, der im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren wie erweiterter staatlicher Regulierung und Eigenkapitalvorschriften wirken kann.

4.Kritische Würdigung der Thematik

Bereits kurz nach Ausbruch der Finanzkrise 2007 forderten verschiedene Experten die Einführung des Trennbankensystems, da so die Verwendung von Kundeneinlagen für Investment Banking Zwecke vermieden werden würde. Diese Diskussion dauert bis zum heutigen Zeitpunkt an, da die verschiedenen Expertengruppen keine Einigung über die Notwendigkeit und die Art und Weise der Einführung und Ausgestaltung eines Trennbankensystems erzielen konnten. Problematisch dabei ist einmal, dass das Universalbankensystem gerade in Deutschland äußerst verankert und ausgeprägt ist. Es würden bei einer Einführung erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten auftreten, da die deutschen Kreditinstitute sehr breit aufgestellt und in allen Geschäftsbereichen investiert sind. Des Weiteren wird gerade von Seiten der deutschen Banken eine Einführung des Trennbankensystems verneint, da so erhebliche Transaktionskostenvorteile, Ertragsquellen und Refinanzierungsquellen entfallen würden. Als Hauptargument gegen eine Einführung, führen solche Institute die Krisenfestigkeit deutscher Banken auf.

So hielt sich ihrer Ansicht nach die Anzahl der Bankeninsolvenzen bzw. – rettungen, abgesehen von den in hohem Maße in die Subprime-Krise verstrickten Instituten, im Vergleich zum US-Bankensektor in Grenzen. Alle gestützten Institute waren entweder Investmentbanken oder Universalbanken mit großen Positionen in solchen Geschäftsbereichen. Daraus lässt sich schlüssig ableiten, dass zumindest der deutsche Bankenmarkt keine Einführung eines Trennbankensystems benötigt.

Auch die von den USA ausgehende Finanzkrise hätte damit nicht verhindert werden können, da so nicht die zuvor aufgeführten Punkte wie Spekulation und Vertrauen in eine Bankenrettung beseitigt werden.

Vielmehr ist eine Einführung eines Trennbankensystems nur eine Ergänzung zur Minimierung von systemrelevanten Banken. Es bedarf jedoch eher der Beschränkung und Absicherung solcher hochriskanten Geschäfte, indem die Eigenkapitalanforderung an die Finanzinstitute angehoben werden. Als Folge dessen verringert sich auch der Anreiz solche Geschäfte einzugehen. So ist die Verschärfung der Eigenkapitalhinterlegung in Form von Basel III und die Schaffung einer internationalen Makroaufsicht, wie z.B. das europäische Beispiel des European Systemic Risk Board (ESRB), bereits der richtige Weg um die Finanz- und Weltwirtschaft vor einer weiteren schwerwiegenden Krise zu schützen.

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