Kurzkrimi zum Tambach-Dietharzer Wunderwasser-Krimipreis 2017

Erstellt vor 6 Jahren

Ja, ich sag mal einen Kurzkrimi auf nur 10 Seiten zu bekommen ist nicht leicht, aber ich versichere Ihnen es wird spannend.

Es war im Jahre 1979 als ich in Friedrichroda, einer kleinen Stadt in der Nähe von des Tambacher-Dietharzes, zur Kur war. 

Ich war gerade 11 Jahre alt, als ich durch diese prophylaktische Kur auch den ersten Kontakt zu Luthers Lebenswerk und dessen Spuren aufnehmen konnte. Wir machten einen Tagesausflug ins schöne Thüringer Land mit riesigen Waldflächen und eben so schönen Bächen, Wasserfällen und was es sonst noch an Schönheiten dieses einzigartigen bewaldeten Gebietes, einem der schönsten Naherholungsgebiete der ehemaligen DDR gab. 

Mir fiel schon recht früh die üppige Natur auf, die es überall zu bestaunen galt.

Ich wusste damals nicht, wer Martin Luther überhaupt war, und was er mit den „Deutschen“ und deren Sprache sonst zu tun haben sollte, doch das sollte sich bald ändern. Wir, eine kleine Gruppe von Schulkindern, so wie ich, fuhren nach Eisenach einem Ort, ca. 30km entfernt von Friedrichroda. 

Als wir in Eisenach ankamen fiel uns allen die schönen alten Fachwerkhäuser und historischen Denkmäler auf, die in gepackter Version nur hier zu finden sind.

Aber Martin Luther fanden wir nicht.

Uns begegneten zwar viele Nonnen und Mönche, was ziemlich außergewöhnlich war in damaligen Zeiten, aber wir Kinder konnten es uns nicht erklären. Aber Fragen zu der Reformation und zur Kirche in der DDR waren meist tabu.

Also gingen wir hoch in die Wartburg, der eigentlichen Wirkungsstätte Luthers, wie man uns kurz vorher versucht hat zu erklären, wie ich erst viel später in meinem Leben erfuhr.

Dort fanden wir uns zurückgesetzt ins tiefe Mittelalter, wie man dort lebte, arbeitete und auch später recht jung starb. Warum erklärte sich bei mir erst viel später.

Auch Luther kam hierher, als er noch jung war, denn er wollte mehr als nur „ein“ Prister, oder „Pfarrer“ unter vielen anderen zu sein.

Leider sah er recht schnell, wo die Crux begraben war. 

Es war die Armut, die auch durch die hohen Abgaben an die Mutter Kirche noch weiter verschärft wurde.

Als ich selbst diese Gemäuer betrat, kam es mir vor, als folgte mir jemand, ich wusste nicht wer, weil sehen konnte ich ihn nicht, aber ich nahm es anhand von leisen Winden und Begegnungen der anderen Art war, wie zum Beispiel, die Sonne, die sich verdunkelte, und die Wolken, die einen absolut komischen Eindruck machten.

Und um so weiter ich lief, um etwas zu entdecken, um so kälter wurde es.

Nur in einem Raum war das eigenartiger Weise nicht so.

Der berühmte Raum mit dem Tintenfleck, und ich sah ihn trotzdem die Wand immer wieder neu gestrichen worden war, der Geruch von Farbe lag immer noch in der Luft.

Also in diesem besagten Raum wurde es auf einmal ziemlich hell, so als wenn die Tür von außen aufgemacht wurde.

„Du musst mir folgen“, rief etwas leise, es flüsterte, damit nur ich ihn hören konnte.

„Wer bist du?“,fragte ich, obwohl ich nicht sah, wer da gesprochen haben sollte, denn ich sah niemanden.

Auf einmal wurde es ganz hell und warm in dem Raum, der mittelalterlich eingerichtet war, mit einem eichenen Esstisch, einem Schemel und einem großen Waschtrog, wo eine Kelle drinhing, damit man immer frisches Wasser trinken konnte.Denn Wasser war damals teuer und man musste lange laufen, um überhaupt sauberes zu bekommen.

Und ich sah diesen Tintenfleck, der sich jetzt richtig durch die übermalte Farbe abzeichnete.

„Du weißt nicht, wer ich bin? Ich bin Martin Luther, angenehm, deine Bekanntschaft zu machen.Ich bin hier unter dem Decknamen Junker Jörg, denn ich musste mich vor den Gefolgsleuten der Kirche aus Rom verstecken, weil ich den armen Leuten da draußen die Bibel übersetzt habe. Denn die wenigsten Leute können lesen und schreiben wie du weißt“.

Erst da bemerkte ich seinen religiösen Umhang, den Talar, und auch sein Käppchen, welches ihn zu einem Mann der Kirche aussehen ließen.

„Achso, das wusste ich nicht, denn ich bin ja noch zu jung, um diese Geschichte von damals zu verstehn“, antwortete ich, auch angenehm überrascht, denn ich fühlte mich weder ängstlich, noch unangenehm in meiner Haut.

„Ich kann dir jetzt nicht alles erklären, denn man soll ja nicht merken, dass ich anwesend bin, obwohl ich ja eigentlich schon lange tot bin“, flüsterte er mir noch zu, und verschwand dann wieder so plötzlich, wie er gekommen war.

„Britta, wo bist Du!“ so langsam hörte ich auch wieder die Kur-Betreuer rufen, die mich schon gesucht hatten.

„Hier bin ich doch, was wollt Ihr denn?“, fragte ich.

„Ach da bist du, wir haben uns schon Sorgen gemacht, weil du mit jemanden geredet hast, und du hast sogar ein Kirchenlied gesungen, das konnten wir deutlich hören“,antworteten sie mir.

„Ich und gesungen und geredet?“, „das muss ein Missverständnis sein, denn ich habe mit niemanden geredet, seht Ihr denn hier jemanden, mit dem ich hätte reden können?“,fragte ich vorwurfsvoll.„Und gesungen habe ich auch bestimmt nicht, davon wüsste ich.“, sagte ich noch, aber ich war in Gedanken schon wieder bei Luther.

Wie kam es, dass nur ich ihn sehen, reden hören, und auch spüren konnte?

Eine Antwort darauf bekam ich erst viele Jahre später, als ich selbst mit Fragen an den Sinn des Lebens, mich auch mit spirituellen, religiösen Büchern und Texten, sowie Filmen auseinandersetzte, und so mir die Fragen selbst beantwortete.

Denn es sollte sich ergeben, dass ich auch den „Wittenberger Dom“

einmal von innen ansehen durfte.

2 Jahre waren nach dieser Begegnung vergangen, und ich war damals schon 13 Jahre alt, als mich meine Tante, Bürgermeisterin eines Dorfes

Namens „Mark Zwuschen“, in der Nähe von Wittenberg und Jüterbog, auf einen kleinen Trip eigentlich zum Einkaufen in die berühmte Lutherstadt Wittenberg mitnahm.

„Darf ich mal in die Kirche gehen?“, fragte ich meine Tante.

„Was willst du denn in einer Kirche?“, fragte sie mich, und ihre Augenbrauen zogen sich nach oben, so als wollte sie die Frage gar nicht gehört haben.

„Ich habe Martin Luther auf der Wartburg in Eisenach vor 2 Jahren kennengelernt, und ich habe noch einige Fragen an ihn“, sagte ich zu ihr, ohne darauf zu achten, wie sie jetzt reagieren würde.

„Bist du krank, oder hast du Fieber?“, fragte mich meine Tante, und schaute so ungläubig, wie man nur als Ungläubiger schauen kann.

„Der Luther, von dem du sprichst, ist schon mehr als 100 Jahre tot, wie willst du dann mit ihm gesprochen haben?“

„Ich weiß nicht wie, aber ich habe ein paar Worte mit ihm gewechselt, und er ist mir leibhaftig erschienen, wenn auch nur kurz und heftig, aber er war wirklich da!“, antwortete ich jetzt aber auf meiner Aussage bestehend.

Also ging ich allein in dieses riesige Gebäude kirchlicher Super-Baukunst.

Und da war es auch schon wieder dieses Gefühl von vor 2 Jahren. Erst wurde es wieder sehr unangenehm kühl. Aber es dauerte nicht all zu lange, denn gleich danach hatte ich auch wieder ein Gefühl von Geborgenheit und Nächstenliebe, die mir entgegenkam.

„Da bist du ja wieder, ich erkenne dich wieder, du warst vor 2 Jahren auf meinem Ansitz in Eisenach auf der Wartburg, stimmt’s?“

„Ja, stimmt, ich war bei Ihnen und habe eigentlich noch Fragen, die ich mir nicht beantworten kann, auch meine Oma konnte sie mir nicht beantworten, vielleicht können Sie diese Antworten geben, auf die ich schon lange warte.

„Auf welche Fragen soll ich dir denn antworten?“, fragte er ruhig und sachlich.

„Es passieren nachts schlimme Dinge, ich werde verfolgt, gefoltert, geschlagen und noch mehr, aber nie weiß ich, wer das ist, weil ich sein Gesicht nie richtig sehen kann.

„Wie, Nachts, denke du schläfst, denn du brauchst deinen Schlaf“.

„Ja, im Schlaf, ich habe schreckliche Alpträume, die immer schlimmer werden!“

„Also mich haben ja auch in meiner Jugendzeit Alpträume heimgesucht, aber irgendwann kann man sie beherrschen, da gibt es probate Mittel und Wege“, antwortete er mir.

„Als ich als junger Bursche auf die Wallfahrt ging, kam ich an einen gewissen Bach, hier in der Nähe, und in diesem Bach ist das Wasser so klar und rein, dass es sogar heilenden Wirkung hat, wusstest du davon?, fragte er mich.

„Nein, denn ich bin ja hier nur auf Urlaub und vor 2 Jahren war ich zur Kur“, antwortete ich.

„Ich werde zu Hause meine Oma danach befragen, und wenn ich wieder mal hier in der Nähe bin, dann werde ich einen großen Schluck davon probieren, wir werden dann sehn, ob es klappt.“

„Danke für die Antwort, sie haben mir sehr geholfen, und Gott segne Sie“, sagte ich noch beim Abschied zu Luther, und so wie es gesprochen ward, so verschwand er auch vor meinen Augen, so als wäre er nie da gewesen.

 Als meine Tante mich fragte, ob ich wieder mitkommen wolle, antwortete ich:“Klar, ich habe alles gehört, was ich hören wollte, Luther hat mir meine Fragen beantwortet“.

„Waaaasss??“, du hast mit Luther gesprochen? Das kann unmöglich der Fall sein, denn Luther ist schon ziemlich lange tot, und nicht einmal hier begraben, wie kannst du dann mit ihm reden?“,fragte sie mich noch, und schaute mich wieder sehr ungläubig an.

„Es war doch niemand hier, ich habe jedenfalls niemanden sehen können“.

„Du konntest ihn auch nicht sehen, das ist eine Gabe, die nur wenige Menschen auf Erden beherrschen“, antwortete ich ihr noch ganz altklug.

Als wir dann von Wittenberg wieder zum Dorf zurückfuhren, fühlte ich mich wieder wie neu geboren, die Energie, die mir Luther mitgab, schien seine Wirkung nicht verfehlt zu haben.

Das erste Mal in meinem Leben fühlte ich mich zu höherem geboren.

Ich nahm die Welt mit ganz anderen Sinnen wahr, hörte besser, roch jedes noch so kleine Detail der Natur und sah auch Dinge, die normalen Menschen wahrscheinlich für immer verborgen blieben.

Und so nahm das Leben seinen weiteren Lauf, ohne dass eigentlich viel passierte.

Eines Tages, es war schon Jahre später, bekam auch ich wahnsinnige Bauchschmerzen.

Ich konnte kaum noch laufen, kroch theoretisch nur noch vor mich hin.

Erst den nächsten Schritt zu überlegen, kostete mich mehr Energie, als mir lieb war, und auch als ich vertragen konnte.

Mir fiel die Begegnung mit Luther wieder ein, und konsultierte einen Arzt meines Vertrauens.

Ihm schilderte ich, wie ich als Kind mit Luther gesprochen habe, und fragte ihn:“Luther hat damals im Mittelalter ein heiliges Wasser getrunken, geht so etwas denn heute nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen?“

„Sie haben eine Nierenbeckenentzündung, die Ursachen können vielfältig sein, ob da ein heiliges Wasser hilft, wage ich zu bezweifeln.

„Ich bin zwar Arzt, aber das kann ich Ihnen nicht beantworten, das müssen Sie mit Ihrem Gewissen und ihrem Glauben vereinbaren können.

Aber ich habe hier eine bessere Idee, ich gebe Ihnen ein rein natürliches Medikament mit, welches ich von den Pharmareferenten zur Probe bekommen habe. Und viel Trinken soll ja bekanntlich helfen, die Bakterien aus dem Urin auszuschwemmen.

Probieren Sie das aus, und wenn es schlimmer wird, kommen Sie einfach wieder in meine Praxis, damit wir sehen, ob es wirkt“,antwortete mir der Arzt und schickte mich wieder nach Hause.

„Ach wissen Sie übrigens, dass Sie in der 8 Woche schwanger sind?“fragte er mich noch im rausgehen.

„Nein“, antwortete ich erstaunt, denn ich hatte überhaupt nichts davon mitbekommen.

Da ich ja schon eine Fehlgeburt hatte, bekam ich jetzt Panik, die sich in meinem Körper breit machte, ich wurde unruhig und fuhr ganz schnell nach Hause, damit ich diese Komplikationen, die mir jetzt bevor standen, auch ohne Schaden für das ungeborene Kind überstehen konnte.

Aber leider verfehlte die Schulmedizin ihre Wirkung, denn schon 2 Tage später passierte es: Ich verlor Blut, und bekam heftigste Bauchkrämpfe, und ging wieder zum Arzt und der schickte mich so schnell als möglich ins nächstgelegene Krankenhaus.

Und dort ging es leider nicht gut für die Schwangerschaft aus, denn ich verlor wieder das ungeborene, ohne nur einen Hauch von Hilfe aus den Büchern, oder der Medizin zu bekommen.

Jetzt zu diesem Zeitpunkt, war für mich die Medizin nicht mehr das was sie zu sein schien, sondern jetzt wollte ich mehr wissen, wie Krankheiten entstehen, wie sie behandelt werden, wie man vorbeugen kann, ohne groß Schaden zu nehmen.

Und so beschloss ich, mir die großen Medizin-Bücher des 19.-20. Jahrhunderts zuzulegen.

Und das allererste Buch, war: „das große Buch der Heilpflanzen“ von Hildegard von Bingen, welches ich auf einem der großen Flohmärkte der Stadt erstand.

Ich las Tag und Nacht über alle möglichen Krankheiten, und kam zum Schluss an die bis heute gültige, aber oft von der Schulmedizin nicht anerkannte Naturheilkunde heran, die mich auch bis heute fasziniert.

Von diesem Tage an, waren historische Bücher für mich wie ein phantastisches Abenteuer.

Und dort fand ich auch wieder Martin Luther, der als Mönch zum Prister und von dort als Ketzer verfolgt später als Junker Jörg auf die Wartburg ins Exil gehen musste, um nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.

Denn auch Hildegard von Bingen war eine Frau, die die Medizin mit Ihren Erkenntnissen nach Deutschland und in die weite Welt verbreitete, auch sie wird früher oder später mit der Inqisistion zu tun bekommen haben. Belege fanden sich dafür in alten Schriften aber nicht, jedenfalls ist nichts überliefert worden

Noch ein Kind verlieren wollte ich wirklich nicht, und meine Selbstheilungskräfte mussten ja irgendwo herkommen.

Mir blieb also nur meine Begegnung mit Luther und meine Oma als ständige, streng gläubige Ratgeberin übrig. Sie verriet ihre Geheimrezepte niemanden, auch mir nicht, obwohl wir verwandt miteinander waren.

Warum nur? Diese Frage konnte ich mir nie beantworten, und ich werde wahrscheinlich noch mein ganzes Leben dazu brauchen, diese Frage zu entschlüsseln.

Aber was ist schon ein guter Krimi, ohne Geheimnis, oder ohne eine Frage am Schluss?

Die Naturwissenschaft Medizin ist zwar schon uralt, wie wir heute wissen, und trotzdem sind noch nicht alle Krankheiten vollständig heilbar, aber vielleicht sollten auch die Ärzte von heute sich mal ins Mittelalter zurück denken, sondern auch mal auf Exkursion in die Natur gehen und dort nach heilende Wirkungen forschen, denn wozu muss ein Student 12 Semester studieren, um später genau so schlau zu sein, wie die Menschen im Mittelalter?

Um diesen Krimi zu verstehen, muss man nicht unbedingt Medizin studiert haben, sondern einfach lesen.

Und das war erst der Anfang, wenn ich jetzt mehr Seiten als Voraussetzung gehabt hätte, wäre es sicherlich noch spannender geworden.

Aber das zu beurteilen überlasse ich lieber der Jury, die darüber entscheidet.

ENDE

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