Rechtsschutz durch die Individualnichtigkeitsklage gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV
Die Individualnichtigkeitsklage gem. Art. 263 Abs. 4 AEUV dient der objektiven Legalitätskontrolle des organgeschaffenen Sekundärrechts am Maßstab des Primärrechts und dem subjektiven Rechtsschutz des Einzelnen vor Handlungen der Union.[1] Für das organgeschaffene Unionsrecht gilt zunächst die Rechtmäßigkeitsvermutung.[2]
Bis der EuGH den abgeleiteten Unionsrechtsakt gem. Art. 264 AEUV aufhebt oder seine Nichtigkeit in einem Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 267 AEUV feststellt, ist er auch bei möglicher Fehlerhaftigkeit als rechtmäßig zu behandeln.[3] Die Nichtigkeitsklage ist eine Gestaltungsklage, die mit Wirkung „ex tunc“ die Geltung des bis dahin wirksamen, angegriffenen Rechtsakts beseitigt[4] und ist ein selbständiger Rechtsbehelf, der nicht die vorherige Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs fordert.[5] Der Gerichtshof erklärt in seinem Urteil gem. Art. 264 S. 1 AEUV die angefochtene Handlung für nichtig, andere Entscheidungsmöglichkeiten sind nicht vorgesehen.[6]
[1] Haratsch /König/Pechstein, Europarecht, Rn. 507.
[2] EuGH, verb. Rs. 7/56 u. 3-7/57, Slg 1957, S. 83, Alegra u.a./Assemblée Commune, 126.
[3] EuGH, verb. Rs. 7/56 u. 3-7/57, Slg 1957, S. 83, Alegra u.a./Assemblée commune, 126.
[4] Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 263 AEUV, Rn. 2.
[5] Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 263 AEUV, Rn. 3.
[6] Pechstein, EU-Prozessrecht, Rn. 343.