Referenztexte: "Philosophie"

Keine Einigkeit unter Philosophen – das sollte inzwischen klar geworden sein – herrscht hingegen in den Vorschlägen, worin denn die ‚richtige‘ Art und Weise bestehe, mit dem Problem umzugehen, dass die Sprache nicht einfach als Denkleitfaden akzeptiert werden kann. Und dies wiederum weist darauf hin, dass der konkrete Einfluss der Sprache auf das Denken und Philosophieren nicht genau angegeben werden kann. Es mag einleuchtend klingen, dass die Sprache das Denken beeinflusst und fehlleitet, jedoch scheint sich diese Einsicht nicht systematisch (also über einzelne Beispiele, wie das immer wiederkehrende Beispiel des ‚ist‘, hinaus) darstellen zu lassen, indem genau angegeben werden kann, wann, wie und warum die Sprache den Denker fehlleitet.

Erstellt von TextFluss vor 11 Jahren
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Dementsprechend kann man Russells Worte, dieser Einfluss sei bisher unerkannt geblieben, meiner Meinung nach auch dahin gehend deuten, dass es ihm, ausgerüstet mit dem Werkzeug der modernen Logik, nun erstmals möglich schien, genau anzugeben, wie, wann und warum die Sprache Quell philosophischer Verwirrung ist: Nämlich dann, wenn sie gegen die wahre Grammatik, die philosophische Grammatik, die logische Syntax der Sprache verstößt. Wenn man nun die Diskussion aufgreifen will und danach fragt, inwiefern Russells Antwort hingenommen werden kann bzw. worin denn nun genau, lehnt man die These von der ‚wahren‘ Grammatik ab, der Einfluss der Sprache auf das Denken besteht, wie die Sprache uns irreführt, so scheint man damit wieder, nachdem man sich einmal im Kreis gedreht hat, am Ausgangspunkt des Fragens angelangt. Es scheint, als träfe auf den Problemkomplex ‚Sprachverwirrung und Philosophie‘ genau das zu, was in dem Stekeler-Weithofer-Zitat weiter oben „die potentiell unendliche Folge von Fragen und Antworten“ genannt worden ist. Das Problem, dass nämlich Denken und damit Philosophieren nicht unabhängig von der Sprache stattfinden und demnach von diesem Ausdrucksmedium beeinflusst werden, ist altbekannt. Jedoch gibt es keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, wie Sprache sich genau auf das Denken auswirkt. Vielmehr bildet der immerwährende Versuch, dieses Problems Herr zu werden, exakt das: eine potentiell unendliche Folge von Fragen und Antworten. Man kann also sagen, das Problem selbst ist ein systematisches, indem es mit allem, was legitimerweise ‚Philosophieren‘ genannt werden kann, untrennbar verknüpft ist. Sprache ist das Medium philosophischen Ausdrucks und als solches unersetzlich, unvermeidbar und unentbehrlich. Die genaue Ausformulierung des Problems jedoch, mögliche Antworten, Empfehlungen oder Lösungen desselben, sind historisch bedingt und einem stetigen Wandel unterworfen. Dementsprechend sei noch einmal Folgendes betont: „Philosophie ist daher nur als historisch-systematische und als hermeneutische, nicht etwa nur als systematische oder nur als historische und philologische möglich“ (Stekeler-Weithofer, 1995: 16).

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