Struktur der spezialisierten Sinnesorgane bei feuerliebenden Insekten

Pyrophile (feuerliebende) Käfer der Gattung Melanophila (Buprestidae) und einige pyrophile Wanzen der Gattung Aradus (Aradidae) sind in ihrer Reproduktion auf frische Brandflächen angewiesen (Evans 1964; Schmitz and Bleckmann 1997; Schmitz et al. 2008). Sie besitzen sensorische Strukturen, die es ihnen vermutlich ermöglichen, Waldbrände aus großen Entfernungen aufzuspüren und auf der frischen Brandfläche zu navigieren.

Erstellt von Davido vor 8 Jahren

Melanophila-Käfer besitzen zur Feuerdetektion IR-Rezeptoren, die sich in zwei Grubenorganen auf dem Metathorax befinden (Evans 1964; Schmitz and Bleckmann 1997). Den Hauptbestandteil der reizaufnehmenden Struktur der IR-Rezeptoren bildet Kutikula. Morphologische Untersuchungen haben gezeigt, dass bei M. acuminata jeder IR-Rezeptor eine kuppelartige Hülle mit einem Durchmesser von 12-15 µm besitzt, die eine kugelförmige innere Kavität umschließt. Diese ist fast vollständig durch eine Kugel aus Kutikula mit einem Durchmesser von ca. 14 µm ausgefüllt (Schmitz and Bleckmann 1997; Schmitz et al. 2007). Die Kugel besteht aus einem äußeren Mantel aus Exokutikula (IR-Exokutikula) und einem Kern aus Mesokutikula (IR-Mesokutikula) und ist an einem dünnen Stiel an der umgebenden Kuppel aufgehängt. Zwischen Kugel und Kuppel liegt zudem eine dünne Schicht aus Hüllzellen. Die IR-Exokutikula besitzt im getrockneten Zustand sowohl eine größere Härte als auch einen größeren Elastizitätsmodul (E-Modul) als die IR-Mesokutikula (Müller et al. 2008). Es wurde gezeigt, dass die Mesokutikula der inneren Kugel unregelmäßig angeordnete Mikrokanäle beinhaltet. Diese enthalten Flüssigkeit und enden in einer größeren Druckkammer, die von einer mechanosensitiven Nervenzelle innerviert wird. Die mit Flüssigkeit (Fluid) gefüllten Kavitäten bilden zusammen mit der IR-Mesokutikula ein sogenanntes mikrofluidische Zentrum. Nach dem aktuellen Funktionsmodell arbeitet der Infrarotrezeptor bei M. acuminata als mikrofluidischer Konverter: Infrarotstrahlung wird absorbiert und führt über Temperaturerhöhung zu einem Druckanstieg im mikrofluidischen Zentrum, der in einer Querkompression der Dendritenspitze resultiert (Schmitz et al. 2007). Vermutlich wird der Druckanstieg innerhalb des mikrofluidischen Zentrums durch den harten Mantel aus IR-Exokutikula begünstigt, der nur eine sehr geringe Volumenzunahme in der Peripherie der Kugel zulässt. Man spricht hierbei vom photomechanischen Prinzip der IR-Rezeption (Schmitz and Bleckmann 1998; Schmitz et al. 2007). Ein weiteres strukturelles Merkmal der IR-Rezeptoren bei M. acuminata sind Nanokanäle, die sich durch den äußeren Mantel der Kugel ziehen und höchstwahrscheinlich einen langsamen Durchfluss von Flüssigkeit erlauben (Schmitz et al. 2007). Vermutlich können dadurch langsame Druckänderungen aufgrund von Temperaturänderungen in der Umgebung ausgeglichen werden. Somit reagiert der Rezeptor auf niederfrequente Temperaturänderungen nicht mit Erhöhung der Feuerrate. Die Nanokanäle funktionieren demnach als Hochpassfilter. Zudem wird vermutlich nach einem Druckanstieg durch absorbierte IR-Strahlung der Druck auf den Ausgangswert zurückgesetzt, wodurch das System an eine erhöhte Intensität von IR-Strahlung adaptiert (Schmitz et al. 2007).

Auch bei den feuerliebenden Rindenwanzen der Gattung Aradus wurden photomechanische IR-Rezeptoren nachgewiesen (Schmitz et al. 2008). Bei Aradus albicornis befinden sich IR-Rezeptoren beidseitig in der Propleuralregion des Prothorax, posterior zum ersten Beinpaar sowie auf dem Metathorax, posterior zum zweiten Beinpaar (Schmitz et al. 2010). Diese IR-Rezeptoren ähneln in ihrer äußeren Morphologie stark den IR-Rezeptoren von M. acuminata. Bei A. albicornis besteht der IR-Rezeptor aus einer inneren Kugel von ca. 10 µm Durchmesser, die von einer kuppelförmigen Schicht aus Meso- und Exokutikula bedeckt wird. Die Kugel besteht auch hier aus einem äußeren Mantel aus IR-Exokutikula und einem inneren Kern aus IR-Mesokutikula. Der Kern enthält fluidgefüllte Kavitäten und bildet mit ihnen das mikrofluidische Zentrum. Eine mechanosensitive Nervenzelle innerviert den Rezeptor, wobei die Dendritenspitze in das mikrofluidische Zentrum hineinragt (Schmitz et al. 2008). Obwohl bei A. albicornis die gleichen funktionellen Komponenten der photomechanischen IR-Detektion wie bei M. acuminata zu finden sind, gibt es doch strukturelle Unterschiede. So setzt sich das mikrofluidische Zentrum bei M. acuminata aus verzweigten Mikrokanälen und einer Flüssigkeitskammer zusammen, während es bei A. albicornis aus einer ringartigen Flüssigkeitskammer besteht, welche die Dendritenspitze umgibt (Schmitz et al. 2008). Auch ist bei A. albicornis die äußerste Dendritenspitze in amorpher Kutikula verankert. Die Nanokanäle, wie sie im äußeren Mantel der IR-Rezeptoren von M. acuminata vorkommen, konnten bei A. albicornis bislang nicht nachgewiesen werden. Auch befindet sich bei M. acuminata eine dünne Schicht aus Hüllzellen zwischen der inneren Kugel und der sie umgebenden Kutikulakuppel, während bei A. albicornis die innere Kugel im direkten Kontakt mit der umgebenden Kutikula steht (Schmitz et al. 2008).

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