Vereinnahmung durch Neonazis: Wie sich die Pegidas selbst schaden

Selbstverständlich sind nicht alle Pegida-Demonstranten Rechtsextremisten, sie laufen aber gemeinsam.(Foto: imago/IPON)

Donnerstag, 22. Januar 2015

Ein Kommentar von Son Pham Tuan

Ein nicht unbedeutender Teil der Pegida-Demonstranten sind tatsächlich normale Bürger, die keinen Bezug zu Rechtsextremisten oder Neonazis haben. Trotzdem dulden sie extremistisches Klientel auf den "Abendspaziergängen".

Erstellt von Sesquialtera vor 8 Jahren
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Die Vereinigung der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hat seit einem viertel Jahr Zulauf. Die Teilnehmer der Pegida-Demonstrationen sehen sich als "ganz normale Bürger". Das Schwingen der "Nazikeule" verbitten sie sich. Der Islam sei eine Bedrohung für die abendländischen Werte, passe nicht zu Deutschland und sei mit Demokratie nicht vereinbar. Das werde man ja wohl noch sagen dürfen.

Der kürzlich zurückgetretene Pegida-Initiator Lutz Bachmann.(Foto: AP)

Das mögen viele Leute anders sehen, es macht Leute aber noch nicht zu Neonazis. Obwohl sich Pegida-Gründer Lutz Bachmann wegen etwas haltbarerer Nazivorwürfe zum Rückzug entschieden hat, wird sich am Ruf von Pegida bei den Kritikern der Bewegung so schnell nichts ändern. Weiterhin werden sich die Pegida-Anhänger ständig in der Position wiederfinden, "Nazi"-Vorwürfe von sich weisen zu müssen.

Warum das so ist, ist schnell erklärt. Volksverräter, Lügenpresse, Überfremdung – diese Worte stammen aus dem Vokabular der Nationalsozialisten. Wer das weiß, lehnt Pegida deshalb ab oder toleriert die Wortwahl. Wer es nicht weiß, der wird automatisch mit etwas in Zusammenhang gebracht, das er womöglich nicht vertritt. Auch die Bezeichnung "Abendspaziergang" für die wöchentliche Großdemonstration trifft den Kern der Sache nicht. Ein Spaziergang ist gemütlich und entspannend. Die Demonstrationen aber sind geprägt von der Verunsicherung der Menschen, von Aggression und Hass. Auch die Nationalsozialisten nutzten solche Beschönigungen, um die Menschen zu blenden.

Islamisierung ist gar nicht das Problem

Pegida-Mitbegründerin Kathrin Oertel.(Foto: imago/Max Stein)

Weniger als 25 Prozent der Demonstrationsteilnehmer fürchten sich laut einer Studie der Technischen Universität Dresden tatsächlich vor der vermeintlichen Islamisierung Deutschlands. Eine solche Islamisierung dürfte man, wenn überhaupt, in Dresden kaum wahrnehmen – Muslime machen in Dresden nur etwa 0,4 Prozent der Bevölkerung aus. Ein Teil der Demonstranten steht also gar nicht hinter den Aussagen von Pegida. Warum ziehen sie dann mit Pegida auf die Straßen?

Eine mögliche Antwort ist: Viele Teilnehmer sind verunsichert über ihre Zukunft. Sie machen sich Gedanken über Altersarmut, ihren wackeligen Arbeitsplatz, fühlen sich von ihrer Regierung nicht vertreten oder sind schlicht mit der "Gesamtsituation" unzufrieden. Das sind legitime Beweggründe, um auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Das Problem ist nur: Sie tun es nicht dafür. Stattdessen besuchen sie eine Demonstration gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes und gegen Asylbewerber.

Legitimer Protest aber falsches Medium

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Wenn diese Leute gehört werden möchten, sollten sie sich von Pegida distanzieren und den Dialog mit der Politik suchen. Sie sollten ihre eigene Demonstration organisieren, statt sich unter Leute zu mischen, deren Motivation eigentlich eine ganz andere ist. Kein Bürger sollte zulassen, dass seine Ängste und Sorgen von Extremisten ausgenutzt werden. Das Mitlaufen bei Rassisten, gewaltbereiten Hooligans und bekannten Neonazis schadet ihrer eigenen Sache.

Es gehört zu den Pflichten eines jeden Politikers, sich die Ängste der Bürger anzuhören und sich damit auseinanderzusetzen. Um die Sorgen der Leute zu verstehen, sollte man Möglichkeiten schaffen, um miteinander sprechen zu können. Auch wenn nicht alle in Deutschland einer Meinung sind, so würden doch die meisten zustimmen: Extremismus und Hass verhindern den Dialog.

Quelle: n-tv.de

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