Wichtiges zum Thema Demenz

Demenz

Unter dem Begriff „Demenz“ versteht man verschiedene Erkrankungen, die alle den Verfall der geistigen Leistungsfähigkeit und einer Persönlichkeitsveränderung als Erkennungs-Symptome aufweisen. Vor allem die Gedächtnisleistung und das Denkvermögen nehmen ab und so fällt als eines der wichtigsten Symptome auf, dass der Betroffene ein sehr eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis hat.

Erstellt von Patricia67 vor 11 Jahren
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An Dinge, die manchmal vor wenigen Minuten geschehen sind, erinnern sich diese Menschen schlecht (oder gar nicht). An Dinge, die in ihrer Kindheit oder vor vielen Jahren geschehen sind, erinnern sie sich jedoch bis ins Detail. Die Betroffenen haben meistens auch Schwierigkeiten, neue gedankliche Inhalte aufzunehmen und wiederzugeben. Auffällig ist auch, dass diese Menschen sich oft schlecht räumlich und zeitlich orientieren können – manchmal wissen sie plötzlich nicht, wo sie gerade sind, was gerade geschieht, oder welcher Wochentag heute ist.

Da dieses Krankheitsbild einen schleichenden Verlauf hat, bemerken häufig Außenstehende schneller als die Familienmitglieder, dass etwas mit dem Betroffenen nicht ganz in Ordnung ist. Manchmal jedoch bemerkt in dieser Anfangsphase niemand etwas von der Erkrankung, denn die Betroffenen lernen schnell, bestimmte Defizite zu verdecken – zum Beispiel ein schlechtes Gedächtnis. Erst, wenn die Erkrankung fortgeschrittener ist, fällt sie immer deutlicher auf: Dann gelingen selbst Alltagsaktivitäten wie Waschen, Kochen oder Einkaufen nur noch eingeschränkt, für viele dieser Tätigkeiten benötigt der Betroffene dann Hilfe oder Anleitung.

Eine wichtige Abgrenzung zur Minderbegabung bedeutet die Tatsache, dass hier bereits Erlerntes wieder „vergessen“ wird – manchmal sogar die einfachsten und für erwachsene Menschen normale Tätigkeiten, wie Essen, Trinken, An- und Ausziehen der Bekleidung. Der Minderbegabte hat häufig sein Leben lang die Schwierigkeit, die hierfür notwendigen Handgriffe... überhaupt zu erlernen. Ein Demenz-Erkrankter hat sein Leben lang diese Tätigkeiten täglich ausgeführt – sie sind längst automatisiert und werden in der Regel von erwachsenen Menschen ausgeführt, ohne dass ein Nachdenken über die einzelnen Handgriffe notwendig ist. Und doch kann er sie bei dieser Erkrankung nicht mehr selbständig bewältigen.

Bei einer fortgeschrittenen Demenz-Erkrankung kann es sogar zu Veränderungen der Persönlichkeit kommen - die Betroffenen werden aggressiv oder enthemmt, depressiv oder haben starke Stimmungsschwankungen.

Die Ursachen der Demenz-Erkrankungen sind verschiedene und längst nicht alle sind schon aufgeklärt. Wichtig sind jedoch die Unterscheidungsmerkmale der einzelnen zur Demenz gehörenden Krankheitsbilder.

Definition des Begriffs „Demenz“

Die Diagnostik der Demenz beinhaltet die Beobachtung einer Kombination von Defiziten (=fehlenden oder eingeschränkten Möglichkeiten), in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Es ist also die Fähigkeit des Denkens, des Fühlens und eines angemessenen Miteinanders gestört. Als Leitsymptom gilt die Gedächtnisstörung, die vor allem das Kurzzeitgedächtnis – meistens dagegen nicht oder erst bei sehr fortgeschrittener Demenz das Langzeitgedächtnis betrifft. Demenz (ICD-10-Code F00-F03) ist ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Erkrankung des Gehirns die viele verschiedene Symptome aufweist – vor allem Denkstörungen, Gedächtnisstörungen und Störungen in der räumlichen und zeitlichen Orientierung. Das Auffassen neuer Gedanken, das Rechnen und auch das Sprechen fällt den Betroffenen oft schwer. Die durch die Erkrankung fehlenden Fähigkeiten besonders das Denken betreffend (=kognitiven Defizite), verursachen eine starke Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Situation der Betroffenen – sie erleiden in ihrem Leistungsniveau einen massiven Abbau.

Neuropathologische Untersuchungen zeigen, dass die ersten für Demenz typischen Veränderungen im Gehirngewebe bereits im frühen Erwachsenenalter auftreten und mit dem Älterwerden ständig zunehmen. Zur eigentlichen Demenz kommt es erst, wenn bereits ein großer Teil der Hirnzellen zerstört oder geschädigt ist. Um eine Demenz zu bestätigen, muss der Arzt zusätzlich zur Gedächtnisstörung noch mindestens eine dieser Symptome beobachten:

Aphasie: Störung der Sprache, der Sprechfähigkeit

  • Apraxie: Beeinträchtigung der Fähigkeit, motorische Aktivitäten auszuführen (=bestimmte Bewegungen zu machen)
  • Agnosie: Unfähigkeit, bestimmte Gegenstände wiederzuerkennen oder zu benennen
  • Dysexekutives Syndrom: Störung von Planen, Organisieren oder Einhalten einer Reihenfolge (fehlende oder gestörte „Executivfunktionen“)

Risikofaktoren

Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken steigt mit dem Alter eines Menschen stark an. So sind nur etwa zwei Prozent aller Menschen zwischen 65 und 69 Jahren davon betroffen, die Anzahl bei den 80 bis 84-jährigen steigt bereits auf zehn bis 17 Prozent an. Bei den über 90-jährigen sind es sogar über 30 Prozent, die an einer demenziellen Erkrankung leiden.

Es gibt aber auch früher beginnende, sich schnell verschlechternde oder schwankende Formen von Demenz. Letztere Form ist zum Beispiel die sogenannte „vaskuläre Demenz“ . Diese Erkrankung verläuft in Schüben: Dabei lösen plötzliche Stimmungsschwankungen und ein massives Nachlassen der geistigen Fähigkeiten andere Phasen ab, in denen die Betroffenen so klar denken können, wie vor ihrer Demenz oder wie am Anfang ihrer Krankheit. Grundsätzlich ist der Verlauf jeder Demenz individuell (= bei jedem Einzelnen) verschieden.

Frauen leiden weitaus häufiger an einer Demenz, das mag daran liegen, dass die Lebenserwartung von Frauen grundsätzlich höher ist als bei Männern. Auch Depressionen gelten als Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz. Allerdings treten Depressionen auch als Symptom der Demenz selbst gehäuft auf, vor allem in Frühstadien der Erkrankung. Eine Abgrenzung der Depression zur demenziellen Erkrankung ist oft schwer, aber sehr wichtig – denn Depressionen sind gut behandelbar.

Unterteilung demenzieller Erkrankungen

Die Demenzformen werden laut der deutschen Gesellschaft für Neurologie wie folgt unterteilt:

  • Vaskuläre Demenz (VAD)
  • (neuro-) degenerative Demenzformen
  • Mischformen der Demenz

Die Vaskuläre Demenz (VAD)

Das Multiinfarktsyndrom (Multi =viele, mehrfache) Ähnlich einem großen Schlaganfall geht die Vaskuläre Demenz mit Störungen einher, die praktisch „über Nacht“ auftreten und die Sprache, die Motorik und das Denkvermögen betreffen. Manchmal bestehen die Störungen nur für einige Stunden und bilden sich dann erst einmal wieder zurück. Ein auf diese Weise zerstörtes Gehirn kann sich fast ganz wieder reparieren, wenn es genug Impulse dazu bekommt. Zuerst kommen die ganz alten Erinnerungen und Fertigkeiten wieder. Wenn man den Betroffenen dann erlebt, wirkt er beinahe wieder gesund. Allerdings kommen diese „kleinen Anfälle“ mit der Zeit immer häufiger – das Gehirn kann sich nicht mehr genügend gut erholen und behält (bzw. summiert) die jeweils ausgelösten Störungen.

Im „Fachchinesisch“ der medizinischen Ausdrucksweise sieht die Beschreibung dann so aus:

Multiinfarktsyndrom: Defektsyndrom nach größeren, einzelnen ischämischen oder hämorrhagischen Insulte mit Untergang einer kritischen Masse an neuronalen Gewebe

  • Strategische Insulte: ausgeprägte kognitive Defizite bei kleinem Läsionsvolumen an entscheidenden Stellen (Thalamus, hinteres Kapselknie, frontales Marklager)
  • Mikroangiopathische Läsionen
    • multilakunären Syndroms
    • konfluierende Marklagerveränderungen (subkortikale vaskuläre Enzphalopathie, SVE)
  • Mikrogefäßveränderungen
    • Kapillarverlust
    • Blut-Hirn-Schranken-Störungen
  • genetische Grunderkrankungen
    • CADASIL-Erkrankung
    • HERNS-Syndrom
    • familial British dementia (HCHWA-D, Herditary Cerebral Hemorrhages whith Amyloidosis of the Dutch Typ, HCHWA-I, Icelandic Typ)

Degenerative Demenz

Im Gegensatz zur Vaskulären Demenz (VAD) zeichnet sich eine „degenerative Demenz“ durch den stetigen Abbau (Degeneration) der Nervenzellen im Gehirn ab. Bei einer degenerativen Demenz schrumpfen die Nervenzellen in bestimmten Hirnarealen oder sterben sogar ganz ab. Ungefähr 70 % der primären Demenzen sind degenerative Demenzerkrankungen.

Hierzu zählen:

  • Morbus Alzheimer
  • Chorea Huntington
  • Morbus Parkinson und
  • Morbus Pick

Sekundäre Demenz bei anderen zugrunde liegenden Krankheiten

Hierzu zählen die folgenden Erkrankungen:

  • Pick-Krankheit (Morbus Pick)
  • Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (bekannt auch als „Rinderwahn“ – nur eben beim Menschen)
  • Chorea Huntington
  • primäres Parkinson-Syndrom
  • HIV-Erkrankung
  • Epilepsie
  • hepatolentikuäre Degeneration (Morbus Wilson)
  • Hyperkalziämie
  • erworbene Hypothyreose
  • Intoxikationen
  • Multiple Sklerose
  • Neurosyphilis
  • Niacin-Mangel (Pellagra)
  • Panarteriitis nodosa
  • systemischer Lupus erythematodes
  • Trypanosomiasis
  • Vitamin B12-Mangel
  • zerebrale Lipidstoffwechselstörung

Auch scheint es einen noch nicht genauer benannten Zusammenhang zwischen einem chronischen Nierenversagen und demenziellen Veränderungen zu geben.

Verbreitung

Die häufigste Form einer Demenz ist die „Alzheimer-Krankheit“. Die zweithäufigste Form (ca. 20%) ist die „Vaskuläre Demenz“ (= gefäßbedingte Demenz).

Diagnostik

Gedächtnisschwierigkeiten lassen sich am einfachsten durch neuropsychologische Tests beurteilen. Solche Tests können vor allem im Frühstadium einer demenziellen Erkrankung wichtige Hinweise für eine Diagnosestellung liefern. Auch Menschen, die dem Betroffenen nahe stehen, können hilfreiche Informationen zur Feststellung und Beurteilung der Hirnleistungsstörung geben. Dem Betroffenen selbst fallen seine Gedächnisstörungen nämlich oft nicht auf und bei einem Diagnose-Termin kommt oft dann noch erschwerend hinzu, dass der Betroffene gegebenenfalls gerade in Hochform ist, und Störungen in dieser Momentaufnahme dadurch vielleicht nicht erkannt werden können. Zur Diagnostik gehören die gründliche körperliche Untersuchung, eine Blutuntersuchung sowie die Möglichkeit der bildgebenden Verfahren wie zum Beispiel das CT (Computertomographie), MRT (Magnetresonanztomographie) sowie elektrophysiologische Verfahren, also das EKG (= Elektrokardiogramm). Je nach dem, welche Ursache vermutetet wird, können auch weitere, spezielle Diagnoseverfahren in Betracht kommen (z.B. eine Hirnwasseruntersuchung).

Differenzialdiagnostik

Manche psychische und neurologische Störungen können leicht mit einer Demenz verwechselt werden – hierzu gehören folgende Erkrankungen:

  • Depressionen
  • Einfache Altersvergesslichkeit
  • Verweigerung und Vermeidungsverhalten (dem können verschiedene Grunderkrankungen zugrunde liegen)
  • Deprivationserscheinungen/Hospitalismus mit Regression (vor allem in Heimsituationen)
  • Leichte kognitive Störung des Alters
  • Mangel an Vitaminen und Mineralien (z.B. B12)
  • Schlaganfall
  • Gehirntumore
  • Störungen des Stoffwechsels (z.B. Unterzuckerung bei Diabetikern, Störungen des Nierenstoffwechsels...)
  • Neurologische Störungen (Apallisches Syndrom, Wachkoma, Locked-in-Syndrom, akinetischer Mutismus)
  • Delir
  • Geistige Behinderung
  • Psychose
  • Schwerer Autismus (Kanner-Syndrom) mit Mutismus
  • Einfacher Mutismus
  • Einfache Aphasie
  • Flüssigkeitsmangel (Austrocknung)

Symptome einer Demenz

Häufig sind im Vorfeld einer Demenz psychische Störungen zu beobachten, welche kaum von einer Depression zu unterscheiden sind. Hierzu gehören zum Beispiel der Verlust von Interessen und Eigeninitiative, Reizbarkeit, ein Gefühl der Überforderung (vor allem bereits im gewöhnlichen Alltag), Verlust der sogenannten „affektiven Schwingungsfähigkeit“ (= emotionales Reagieren auf bestimmte Reize) und allgemeine depressive Verstimmungen.

Kognitive Symptome

Das Leitsymptom aller Demenz-Erkrankungen sind Gedächtnisstörungen – vor allem des Kurzzeitgedächtnisses. Die Vergesslichkeit ist eigentlich erst einmal etwas Normales, besonders bei älteren Menschen. Häufig werden in der Anfangsphase die Gedächtnisstörungen vom Betroffenen überspielt, wodurch die äußere Fassade des Patienten erhalten bleibt und nur guten Beobachtern auffällt, dass etwas nicht stimmt. Dieses Überspielen der Symptome gelingt vor allem solchen Menschen sehr gut, die ihr Leben lang gewöhnt waren, unverbindlich zu kommunizieren. Menschen, die im Berufsleben gewöhnt waren, mit vielen verschiedenen Menschen Kontakt zu halten und dabei wenig aus ihrem Privatleben mit einfließen zu lassen, haben dieses „Versteckmuster“ langjährig geübt.

Wenn die Demenz fortschreitet, treten zusätzlich auch andere Störungen der Hirnfunktion auf, wie zum Beispiel Wortfindungsstörungen, Rechenstörungen, und Störungen der Raumwahrnehmung und Orientierung, sodass selbst einfache Alltagssituationen Schwierigkeiten hervorrufen – einfache Gespräche können nicht mehr geführt werden, ein kleines Budget an Geld kann nicht mehr eigenständig verwaltet werden, und selbst in der eigenen Wohnung (bzw. dem Heim) verlaufen sich diese Patienten aufgrund immer stärkerer Orientierungsstörungen...

Im sehr weit fortgeschrittenen Stadium der Demenz erkennen die Betroffenen schließlich nicht einmal mehr die eigenen Verwandten, bis hin zu den engsten Angehörigen. (Für diese ist das zumeist sehr schwer zu ertragen). Die Patienten werden apathisch, bettlägerig und häufig auch inkontinent (= sie verlieren die Kontrolle über ihre Blase und den Darm).

Die Demenz schränkt die Lebensqualität vor allem in dieser Phase sehr stark ein – die des Betroffenen, aber auch die des gesamten Lebensumfeldes. Auch die Lebenserwartung wird durch die Demenz verringert, wobei diese nicht die Todesursache selbst ist – sie begünstigt lediglich viele andere Erkrankungen, welche dann zur Verkürzung des Lebens führen.

Motorische Störungen

Es gibt Demenz-Erkrankungen, die mit motorischen Störungen beginnen – so zum Beispiel das Parkinson-Syndrom

Dabei werden die Patienten zunehmend steif am ganzen Körper und die Gliedmaßen zittern häufig extrem stark (daher auch der deutsche Name: Schüttellähmung!). Ihr Gang wird auffällig, sie machen kleine Schritte, schlurfen und gehen breitbeinig. Es kommt auch zu einer Störung der Haltereflexe, was zu einer erhöhten Sturzgefahr führt.

Auch gehören motorische Störungen zum Bild einer fortgeschrittenen Demenz-Erkrankung. Neben den Gedächtnisstörungen und sonstigen kognitiven Störungen ist im fortgeschrittenen Stadium eine Hinfälligkeit des ganzen Körpers deutlich wahrnehmbar, die Patienten wirken meist sehr viel älter, als sie sind – vor allem auch wegen dem schleppenden, unsicheren Gang.

Verhaltensstörungen

Bei allen Formen der Demenz können auch psychotische Symptome auftreten. Bei der sogenannten „Lewy-Body-Demenz“, einer im Rahmen der Parkinson-Erkrankung auftretenden Demenzform, sind psychotische Symptome sogar relativ typisch. Hier handelt es sich vor allem um „optische Halluzinationen“ – die Patienten sehen zunächst vor allem in dämmrigen Situationen (oder bei gedämpftem Licht) gar nicht vorhandene Personen, mit denen sie sich unterhalten. Oft wissen die Patienten in diesem Stadium sogar, dass sie halluzinieren – also dass es diese Menschen mit denen sie sich unterhalten, gar nicht gibt. In späteren Stadien der Erkrankung verändern sich die Halluzinationen und es werden Fabelwesen, Muster im Teppich, Tiere oder sonstiges gesehen und für lebendig wahrgenommen. Schließlich erleben sie verzerrte oder sogar bedrohliche Szenen, wie etwa eine Entführung – eine Unterscheidung von der Realität fällt immer schwerer. Diese Situationen ängstigen die Patienten sehr und sie bauen dann auch nächste Angehörige in ihr Wahnsystem ein, obwohl diese ihnen zu Hilfe kommen möchten. Der Übergang zu einem Delir sind fließend.

Demenz-Kranke verlieren immer mehr ihre Eigeninitiative, haben keine Freude mehr an ihren früheren Hobbys und sonstigen Interessen. Sie vergessen oder vernachlässigen ihre Körperpflege und die Pflege ihrer Wohnung. Beim Essen fehlt ihnen der Antrieb, sie haben kein Hungergefühl mehr und vergessen schließlich sogar, wie man kaut und herunterschluckt. Unter anderem dadurch magern sie ab – ihr Körper wirkt hinfällig und verwahrlost. Dieser Zustand öffnet dann weiteren Erkrankungen Tür und Tor. Im pflegerischen Bereich wird in diesem Zustand die Verschiebung des Tag- und Nachtrhythmus zum Problem. Auch muss der Patient nun manchmal gegen seinen Willen gewaschen oder gebadet werden.

Das Erleben demenzkranker Menschen

Das Kommunizieren mit demenzkranken Menschen wird erleichtert, wenn man es schafft, sich in ihre Gefühlswelt hineinzuversetzen. An Demenz erkrankte Menschen haben viele spezifische Fähigkeiten verloren – dies kann für sie selbst und für alle sie pflegenden Menschen sehr schwierig zu verstehen sein. Wie sieht die Welt um uns herum aus, wenn wir keinen Orientierungssinn mehr für Zeit oder den Raum haben? Wenn wir verwirrt sind, wenn uns alle Gegenstände unbegreiflich in ihrer Funktion werden?

Erst, wenn der Pflegende diese Verwirrung nachvollziehen kann, wird auch emotional klar, dass der Erkrankte nicht „nur so tut, als ob er etwas nicht kann oder weiß“. Und auch, dass all sein Agieren „gegen“ den Pflegenden seine Schwierigkeit ist, diese Welt zu verstehen – und nicht, bewusste Provokation oder ein „sich stemmen gegen“ die Hilfe oder den Pflegenden an sich.

Je geduldiger ein Pflegender es schafft, dem Erkrankten in jeder Situation neu zu erklären, warum etwas notwendig ist, desto leichter wird es dem Patienten fallen, Hilfe anzunehmen – wobei das geduldige Sprechen viel wichtiger ist, als die Worte selbst. Dennoch sollten die Sätze möglichst einfach sein – denn ähnlich, wie bei einem kleinen Kind, möchte der Betroffene verstehen, was er tun sollte – aber es fehlt ihm jeglicher Bezug dazu.

Auch ist dem an einer Demenz Erkrankten (in fortgeschrittenem Stadium) der Zugriff auf frühreres Wissen verwehrt. Er kann sich auch nicht an frühere Erlebnisse erinnern, die ihm vielleicht helfen könnten zu verstehen, was gerade passiert (das semantische und episodische Gedächtnis ist gestört).

Sehr schwierig ist für Pflegende der Umgang mit halluzinierenden Betroffenen – oft verschwimmt der Unterschied zwischen Traum, Vergangenheit und Realität. Weil die Patienten aber das Gefühl haben, all das findet gerade jetzt statt, sind sie emotional stark beteiligt. In vielen Fällen spielt hier große Angst eine Rolle – der Pflegende hat kaum eine Chance, dem dementen Patienten zu erklären, dass jetzt gerade nichts Schlimmes geschieht.

Vor allem geht es Patienten selbst sehr schlecht, wenn sie noch so viel von der Realität mitbekommen, dass sie erkennen können, wo sie wieder einen „Aussetzer“ hatten. Der Betroffene bemerkt es zwar, kann es sich aber nicht erklären – das beunruhigt ihn und lässt das Gefühl von Resignation zurück.

Bei Menschen, die an Demenz leiden, sind alle Reaktionen und Handlungen verzögert. Auch das kann einem Pflegenden den letzten Nerv rauben, wenn er nicht versteht, warum das so ist. Im Alltag hat man – übrigens auch als Mutter von kleinen Kindern – häufig das Gefühl, die Langsamkeit sei eine Provokation. Vor allem steht der Pflegende häufig unter seinem eigenen Zeitdruck, den Tag genügend gut zu gestalten. Und dann benötigt der Betroffene für jeden Satz, für jeden Handgriff so lange – dies ist schwierig auszuhalten.

Im Vergleich zu der Mutter des kleinen Kindes hat der nahe Angehörige eines demenzkranken Menschen eine noch schwierigere Aufgabe: Denn es handelt sich um einen erwachsenen Menschen – der pflegende Angehörige hat dessen „gesunde“ Vergangenheit ja nicht vergessen. Der Betroffene konnte ja all dies einmal, er hat ja sein Leben bis hierhin selbständig gelebt.

Die Mutter eines Kindes kann verstehen, dass das kleine Kind viele Dinge erst einmal lernen muss – wie viel schwieriger ist es doch, auch emotional nachzuvollziehen, dass ein erwachsener Mensch all dies nicht mehr kann!

Und der nahe Angehörige leistet in dieser Zeit ja auch noch seine eigene Trauerarbeit – er trauert um die schöne Zeit mit diesem Menschen, im Wissen, dass es so nie wieder werden kann. Es sitzt ein völlig veränderter Partner vor ihm – der ihn oft nicht einmal mehr erkennt.

Menschen, die an Demenz erkrankt sind, fühlen sich oft falsch verstanden, herumkommandiert und bevormundet – sie können die Entscheidungen der sie Pflegenden nicht nachvollziehen. Dennoch empfinden sie den Wunsch nach der Würde eines erwachsenen Menschen – es ist ihnen unverständlich, warum sie plötzlich (wie ein kleines Kind) gefüttert oder ins Bett geschickt werden. Emotional sind viele Demenzerkrankte sehr wohl am realen Geschehen beteiligt – sie können ihre Wünsche äußern, können aber auch wahrnehmen, wenn sich jemand anderer peinlich berührt fühlt... Diese Fähigkeit geht erst im späten Stadium der Erkrankung verloren.

Solange der von Demenz Betroffene noch seinen eigenen geistigen Verfall wahrnimmt, ist er in massiver Gefahr in eine Depression zu verfallen. Depressionen sind aber auch manchmal das erste Symptom einer beginnenden Demenz – und die Krankheitsbilder „Depression“ und „Demenz“ sind sich (in manchen Phasen) jedoch sehr ähnlich. Eine Verwechslung der Krankheitsbilder ist deshalb nicht auszuschließen.

In jedem Fall sollte der Umgang mit Demenzerkrankten sich an deren veränderten Erleben orientieren und muss immer wieder angepasst werden – und als wichtigstes Merkmal der Pflege und Betreuung sollte die Menschenwürde im Vordergrund stehen, so schwer das auch dem/der Pflegenden fallen mag.

Therapie der Demenz

Medikamentöse Therapie

Seit einigen Jahren werden Medikamente in der Therapie von an Demenz erkrankten Menschen eingesetzt. Diese nennt man Antidementiva. In der klinischen Praxis zeigt sich, dass zwar manche Patienten von diesen Medikamenten profitieren, bei anderen bringen diese keinerlei Verbesserung.

Medikamente wie Cholinergica (Cholinesterasehemmer) – z.B. Donepezil, Galantamin oder Rivastigmin – wirken zentral, auf der anderen Seite gibt es noch Memantine. Alle diese Medikamente können die Demenz nicht heilen – aber in vielen Fällen kann mit ihnen der Verlauf einer Demenz deutlich (um 1 bis 2 Jahre) aufgehalten werden, solange sie frühzeitig erkannt und behandelt wird. Eine spät angesetzte Behandlung dagegen bringt keine Erfolge.

Nebenwirkungen können gering gehalten werden, wenn man eine Therapie mit neuartigen Wirkstoff-Pflastern durchführt. Hier kommt es kaum zu Nebenwirkungen, weil der Wirkstoffspiegel gleichbleibend ist – im Gegensatz zu oral eingenommenen Medikamenten. Deshalb ist eine höhere Dosierung mit den Pflastern möglich, außerdem ist die Verabreichung durch die Pflegekräfte einfacher als bei Tabletten oder anderen Mitteln.

Ziel der medikamentösen Therapie ist es, die kognitiven Fähigkeiten und die Alltagskompetenz des betroffenen Patienten zu verbessern. Auch natürliche Substanzen, wie Ginko, Knoblauch, Piracetam werden manchmal in der Demenz-Therapie eingesetzt – dies ist jedoch umstritten.

Alle Medikamente, die beruhigende Wirkung haben – und üblicherweise bei Schlafstörungen oder Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus zum Einsatz kommen könnten – haben den großen Nachteil, dass sie die kognitive Leistung verschlechtern.

Das gilt im Übrigen auch für Neuroleptika mit sogenannter „anticholinerger Nebenwirkung“, diese sind allerdings in Phasen mit Halluzinationen manchmal nicht zu umgehen.

Bei der vaskulären Demenz wird einerseits medikamentös wie bei einer Arteriosklerose (Gefäßerkrankung) behandelt, aber hier haben sich auch Antidementiva als wirksam erwiesen (sowohl Azetylcholinesterasehemmer, als auch Memantine).

Gedächtnistraining

Gedächtnistraining ist nicht zu verwechseln mit dem modernen Begriff des Gehirnjogging – Gedächtnistraining wird nicht zur Vorbeugung und nicht als reine Freizeitbeschäftigung eingesetzt, sondern richtet sich an Menschen, die bereits große Schwierigkeiten mit ihrer Gedächtnisleistung haben. Man kann den Unterschied zwischen Gehirnjogging und Gedächtnistraining mit dem Unterschied zwischen (Ausdauer-) Sport und Krankengymnastik (Bewegungstherapie) vergleichen.

In der Therapie von demenzerkrankten Menschen ist das Gedächtnistraining nicht immer sinnvoll. Zwar kann man mit diesem Training einzelne Schwierigkeiten verbessern – so zum Beispiel das Wiedererkennen von Gesichtern oder Gegenständen, gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr einer grundsätzlichen Verschlechterung des emotionalen Zustandes des Patienten. Dieser wird nämlich in jeder Sitzung mit seinen Defiziten (fehlenden Fähigkeiten) konfrontiert und seine Verwirrung, warum er das alles nicht mehr kann (wie früher), wird vergrößert.

Verstehen des Demenzpatienten

Pflegekräfte, die den an Demenz erkrankten Menschen erst im Laufe der Krankheit kennen lernen, brauchen Hintergrundinformationen über dessen Leben. Damit können sie für sich selbst bestimmte Verhaltensweisen erklärbar machen – und dadurch besser tolerieren. Aber sie können auch mit dem Patienten angemessener in bestimmten Situationen umgehen, wenn dieser z.B. aus seiner frühen Vergangenheit erzählt. Auch untereinander sollten die verschiedenen an der Pflege beteiligten einen regen Austausch über die Gewohnheiten eines Patienten führen – dies kommt seinem Wohlbefinden deutlich zugute.

Umgang mit dementen Menschen

Das Wichtigste im Umgang mit dementen Menschen ist Geduld. Auf Dauer bewirkt ein geduldiger Umgang mit den Betroffenen eine große Zeitersparnis – denn der Patient arbeitet so bestmöglich mit und fühlt sich dabei weitestgehend wohl. Ungeduld des Pflegenden (zum Beispiel aus Zeitmangel) überträgt sich auf den Patienten – er hat dann schnell das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Das wiederum macht ihn traurig und unzufrieden.

Am besten verinnerlicht sich auch jeder Pflegende von vornherein, dass ein dementer Patient nur bedingt lernfähig ist – vor allem vergisst dieser neu Gelerntes auch sofort wieder. Dieses Wissen um die Begrenztheit erspart dem Pflegenden Enttäuschungen, wenn er jeden Tag aufs Neue dieselben Dinge (möglichst in gleicher Form) wieder erklären muss. Anders, als bei älteren Kindern sind mit dem an Demenz leidenden keine zuverlässigen Vereinbarungen möglich. Allerdings lassen sich bestimmte Dinge auch „konditionieren“. Führt man einen Betroffenen immer wieder an denselben Essplatz am Tisch, und erklärt ihm gleichzeitig, dass dies „sein Platz“ ist – dann kann es durchaus möglich sein, dass er sich diesen Platz selbst irgendwann zum Sitzen aussucht.

Sinnvolle Kommunikation mit dementen Menschen

Pflegende Menschen sollten im Umgang mit dementen Menschen insbesondere auf eine würdevolle Sprache achten. Auch heute noch erlebt man (vor allem in Einrichtungen), dass die sogenannte „Ei-tu-tuut“-Sprache verwendet wird. Aus früherer Kindererziehung verfallen vor allem Frauen in dieses säuselnde Lallen – heute ist diese Art der Sprache auch Kindern gegenüber inzwischen verpönt. Vor allem vergessen Sie bitte nie, dass Sie einen erwachsenen Menschen vor sich haben – auch, wenn dieser sich nicht immer dementsprechend verhält.

Dennoch sollte Ihre Sprache einfach sein – sprechen Sie vor allem in kurzen Sätzen mit dem Erkrankten. Sein Aufnahmevermögen von Informationen ist äußerst gering. Deshalb sollte in jedem Satz nur eine einzige Information stecken. So zum Beispiel nicht: „Stehen Sie bitte auf und ziehen sich die Jacke an.“ sondern: „Stehen Sie bitte auf.“ Wenn der Betroffene das erledigt hat, sagen Sie: „Ziehen Sie sich bitte diese Jacke an.“ So verhindern Sie, dass der Patient weder das Eine noch das Andere tut, aus Überforderung durch zu viele Informationen auf einmal.

Vermeiden Sie auch Streitgespräche mit dem zu pflegenden Menschen – diese wirken in dem Patienten noch lange emotional nach, ohne dass dieser sich an den Streit selbst erinnern kann. Er bleibt verwirrt und unzufrieden zurück und hat nicht einmal die Möglichkeit, über die Auslöser oder das Zustandekommen des Streits nachzudenken.

Im einem fortgeschrittenen Stadium der Demenzerkrankung ist Sprache kaum noch möglich – weder kann der Patient sich angemessen äußern, noch kann er ihm Gesagtes aufnehmen. In dieser Phase ist die „nonverbale Kommunikation“ (= unsprachlicher Umgang) von großer Bedeutung. Nun sollten sehr häufig die anderen Sinne angesprochen werden: Schmecken, Riechen, Fühlen, Hören, Tasten, und auch Bewegung werden wichtig.

Viel Freude bereitet es den Demenzkranken häufig, wenn ihnen bekannte Volkslieder vorgesungen werden, manchmal singen sie diese sogar mit und erinnern sich spontan oft an die Texte. Beim Geschmackssinn ist zu beachten, dass viele Menschen mit Demenz deutlich besser auf süße Speisen und Getränke reagieren als auf pikante.

Auf jeden Fall sollte darauf geachtet werden, dass kein zu großes Angebot an verschiedenen Sinnesreizen vorherrscht, da dieses Überangebot sonst verwirrend auf die Patienten wirkt.

Es ist im Alltag auch von großer Bedeutung für demente Menschen, dass in ihrer näheren Umgebung Gegenstände zu finden sind, die sie (von früher) kennen – das gibt ihnen Sicherheit. Auch sollte der Pflegende sich jeweils vorstellen und dem Betroffenen kurz mitteilen, was er gerade machen möchte. Für Demenzkranke sind selbst Pflegekräfte die er täglich sieht, oftmals Fremde – denn er erkennt sie nicht wieder.

Auch sollte man stets auf eine gute Beleuchtung achten – vielen an Demenz erkrankten Menschen machen Schatten Angst. Es nimmt auch das dreidimensionale Sehvermögen immer weiter ab, so dass aus Schatten schnell „gespenstische Wesen“ entstehen können – bei Patienten, die zu Halluzinationen neigen, ist dies verstärkt zu beobachten.

Umgang der Pflegenden mit sich selbst

Vor allem pflegende Angehörige sollten unbedingt darauf achten, dass sie selber noch ein „eigenes“ Leben haben – eines, das außerhalb der Sorge und Pflege des an Demenz erkrankten Partner oder Elternteil liegt. Häufig vernachlässigen die pflegenden Angehörigen ihre eigenen sozialen Kontakte und stehen dadurch mit all der Sorge um den zu Pflegenden ganz alleine da, ohne irgendeinen Ausgleich. Doch ohne genau diesen Ausgleich – Freude am Leben – ist eine manchmal jahrelang zu leistende und schwere Pflegeaufgabe nicht zu erbringen. Wichtig dabei ist auch, dass sich die pflegenden Angehörigen diese Auszeiten auch wirklich gönnen, ohne dafür Schuldgefühle dem zu Pflegenden gegenüber zu haben. Dabei geht es einerseits um das Recht auf ein eigenes Leben neben der Pflege, aber unbedingt auch um die eigene Gesundheitsfürsorge – nur, wenn sie selbst gesund bleiben, können sie die Pflege eines Angehörigen überhaupt leisten. Pflegende Angehörige, die sich ständig überfordern, leiden oft an psychosomatischen Beschwerden, wie chronischen Schmerzerkrankungen – aber auch schwerwiegende körperliche Erkrankungen können die Folge einer Überforderung sein.

Eine gute Pflegeberatung umfasst daher auch immer die Entlastung und eine gute Beratung der pflegenden Angehörigen.

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