Wissenschaftliche Rezension
Die Fähigkeit zum Verfassen wissenschaftlicher Texte gehört heutzutage mehr denn je zum Desiderat der Ausbildung von jungen GeisteswissenschaftlerInnen, gilt doch gerade in dieser Branche mehr als in einer anderen die alte Binsenweisheit ,,Wer schreibt der bleibt“. Da jedoch im Zeitalter der Massenuniversität das Betreuungsverhältnis von Lehrenden zu Lernenden oftmals eine erhebliche Schieflage aufweist und so die Textproduktion der Nachwuchswissenschaftler zum Beispiel in Seminararbeiten zahlreiche handwerkliche Defizite zeigt, hat es ein Autorenkollektiv unter der Leitung des Wiener Professors für Geschichte der Neuzeit, Wolfgang Schmale, unternommen, mit dem Schreib-Guide Geschichte eine Handreichung für junge Studenten auf den Markt zu bringen, die es ihnen erleichtern soll, Schritt für Schritt wissenschaftliches Schreiben [zu] lernen, wie es der Untertitel verspricht.
Was ist aber das Besondere an diesem Werk, welches sicher nicht ohne Konkurrenz auf dem Buchmarkt ist ? In insgesamt neun Kapiteln unternehmen die Autoren den Versuch sämtliche Arbeitsschritte des wissenschaftlichen Arbeitens für HistorikerInnen vorzustellen und eine Anleitung zum guten wissenschaftlichen Arbeiten zu geben. Genauer möchten wir dies im vierten Kapitel, welches unter dem Titel ,,Kurze wissenschaftliche Arbeiten schreiben“ steht untersuchen Eingangs gehen die Autoren auf die Notwendigkeit des Schreibens für den wissenschaftlichen Austausch ein und halten die LeserInnen zur Einsicht an, dass das Verfassen kurzer wissenschaftlicher Texte auch eine der besten Methoden ist, das eigene Geschichtsverständnis zu erweitern. In Folge werden zahlreiche Textgenres wie die Rezension, die Besprechung von Filmen, Ausstellungen und Internetseiten, das Schreiben auf der Grundlage von Primärquellen wie Objekten der materiellen Kultur und oral history vorgestellt. Ein eigenes Unterkapitel ist dem Verfassen von Texten unter Prüfungsbedingungen gewidmet. Abschließend wird ein kurzer Text der amerikanischen Historikerin und zweifachen Pulitzerpreisträgerin Barbara Tuchman vorgestellt, der sich mit der vieldiskutierten Aufgabe der HistorikerInnen auseinandersetzt.
Die Unterkapitel ähneln einander in ihrem Aufbau stark, was den Wert des Buches als Referenzwerk unterstreicht. Eingangs wird auf den Sinn der jeweiligen Textsorte eingegangen und auf die wesentlichsten Elemente hingewiesen. Im Focus dieser Einführungen steht besonders der Wunsch, dem zukünftigen Autor bewusst zumachen, welche Informationen seine LeserInnen von ihm erwarten und welche maßgeblichen Kriterien der Text erfüllen muss. Diese Punkte werden dann nochmals in Form einer Checkliste aufgeführt. Nach der theoretischen Einführung ist es nun am Leser selbst, sich anhand von exemplarischen Beispieltexten mit den jeweiligen Besonderheiten und Hürden der verschiedenen Genres auseinanderzusetzen. Schreibübungen mit konkreten
Aufgabestellungen runden die Kapitel ab.
Breiter Raum wird methodisch recht neuen Zugängen der Geschichtswissenschaft, wie z.B. der oralhistory gewidmet und so versucht den Leser zur Formulierung eigener kleiner Forschungsvorhaben zu motivieren und ihm erste berufliche Erfolgserlebnisse auch außerhalb des universitären Umfeldes zu vermitteln.
Methodisch ist dieses Buch also klar durchdacht, allerdings wäre ein aufgelockerteres Design wünschenswert gewesen um so mehr Übersichtlichkeit zu schaffen. Auch eine kurze Auswahlbibliographie zur vertiefenden Beschäftigung der Studienanfänger mit diesem Thema fehlt.
Dafür rundet ein kurzes Register das 296 Seiten starke Werk ab.Wie wichtig ein solches Buch aber gerade mit genauem Fokus auf geschichtswissenschaftliche Fragestellungen war zeigt die Tatsache, dass die Bibliotheken der Universität Wien nicht weniger als 16 Exemplare vorrätig halten.