Woran man erkennt, dass man wirklich verliebt ist

 Ich habe mir den Spaß gemacht, diesem kleinen Text einen Titel im Buzzfeed-Clickbait-Stil zu verpassen, und somit die Erwartung zu schüren, dass nun eine nummerierte Liste folgt, die der/die Leser/in gedanklich abhaken kann, um herauszufinden, ob es wirklich Liebe ist.Aber nein, das wäre schon arg dämlich und kitschig. Es ist tatsächlich nur eine einzige Sache, die ich hier teilen möchte, aber oh Jeez, das wird noch ekelhafter als ein relatable, mit Gifs geschmückter Buzzfeed-Post.Du weißt, dass es wirklich schlimm um dich steht, wenn du nichtsahnend per Zufall ein übertriebenes Liebeslied hörst und nicht – wie üblicherweise – nur den Kopf darüber schütteln kannst, was sich der Songtexter da aus dem Hirn gerungen hat, sondern du dich plötzlich vollkommen mit dem Lied identifizieren kannst.Holy shit, und ich dachte, solche Lieder könnten niemals vollkommen ernsthaft entstanden sein. Ich meine:»Take my hand / Take my whole life too / For I can't help falling in love with you.«Aber anstatt dass sie verdreht werden, werden die Augen des verliebten Ichs groß und mit einem innerlichen Seufzer denkt es: Ja, genau, Elvis, du sagst es.Der Shuffle-Modus spielt das nächste Lied, es ist ein ganz bekanntes, ganz gewöhnliches, und bei der munteren Bassline denkt man an nichts Arges, auch wenn Ben E. King zu singen beginnt, noch nicht: »When the night has come / And the land is dark / And the moon is the only light we'll see / No I won't be afraid / Oh, I won't be afraid […]«Doch dann kommt er schon wieder, der Kitsch, und das ist nicht das Schlimme, sondern die Tatsache, dass das Hirn des/r Verliebten nicht denkt, owei, sondern: aaaaw, true, wenn es hört:»[…] Just as long as you stand, stand by me.«Das ist aber noch nichts gegen den wirklich harten Tobak, den ein Texter zustande bringt, wenn er so richtig im Liebesrausch verloren ist und alles durch die bekannte rosarote Brille beschönigt wird:»What it is, is something true / Made up of these three words that I must say to you […]«Oh, wenn schon diese ‚drei Wörter‘ erwähnt werden, ist es eigentlich Zeit, ab- bzw. umzuschalten und sich etwas weniger Schnulziges zu Gemüte zu führen, doch das verliebte Ich ist gegen den Würgereiz immun, es lässt Stevie Wonder weiterlaufen und fühlt sich ertappt, dasselbe auch schon getan zu haben:»I just called to say I love you / I just called to say how much I care / I just called to say I love you / And I mean it from the bottom of my heart.«Das Einzige, das diesem ganzen Gesülze noch die Krone aufsetzen kann, ist, vom Englischen – das allein durch die Tatsache, dass es für uns eben eine Fremdsprache ist, irgendwie noch ein bisschen besser zu ertragen ist bzw. bei dem man aber zumindest besser den Text ausblenden und sich auf die Musik fokussieren kann – zum Deutschen zu wechseln. Achtung, das wird jetzt etwas für ganz Harte.»Du bist das Beste, was mir je passiert ist / Es tut so gut, wie du mich liebst / Vergess den Rest der Welt, wenn du bei mir bist / Du bist das Beste, was mir je passiert ist / Es tut so gut, wie du mich liebst / Ich sag‘s dir viel zu selten: Es ist schön, dass es dich gibt.«Ja, ich weiß: Cringe. Aber was soll man machen, wenn’s nun mal so ist? Ganz einfach: Es nicht zugeben! Deswegen ist das hier auch überhaupt keine indirekte Liebeserklärung oder so. Nein, niemals. Als würde ich solchen Kitsch von mir geben.Ich wollte einfach nur zu meiner These kommen: Wenn du beim genauen Betrachten der Texte von Lovesongs nicht kotzen oder wenigstens würgen musst, ja, dann ist es wohl um dich geschehen. Erst wollte ich sagen: Mein Beileid. Aber eigentlich muss es eher heißen: Genieß es.Auch wenn es sowieso offensichtlich sein sollte, kommt hier noch die – weil ich ein gewissenhafter Mensch bin – Quellenangabe:

•     Elvis Presley: Can’t Help Falling in Love With You
•     Ben E. King: Stand by Me
•     Stevie Wonder: I Just Called to Say I Love You
•     Silbermond: Das Beste